Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

AuenbruggerAuenbrucker, (von) Auenbrugg, Auenbrügger, Katharina (Francisca, Franciska

* 1755 in Wien, † 9. Juni 1825 ebd., Pianistin, Sängerin und Komponistin. Sie war die Tochter des Arztes Leopold Auenbrugger und dessen Frau Marianna von Priestersberg und die ältere Schwester von Marianna Auenbrugger). Die Kinder des renommierten Arztes, Librettisten und Musikdilettanten erhielten eine umfassende Ausbildung und wuchsen in einem die Musik fördernden Elternhaus auf. Wöchentliche musikalische Matineen gehörten ebenso dazu wie ein reger Austausch mit zahlreichen Musikern der Zeit, darunter Joseph Haydn und die Familie Mozart. Haydn, der das Klavierspiel der beiden Schwestern sehr schätzte, widmete ihnen die Klaviersonaten Hob. XVI:35–39 und 20 („Catarina e Marianna d’Auenbrugger“), und Leopold Mozart hob das Klavierspiel der Schwestern lobend hervor. In einem Brief an seine Frau vom 12. Aug. 1773 berichtet er von einem Besuch bei Leopold Auenbrugger, bemerkend, dass „seine 2 Tochter, die beyde, sonderheit: die ältere [d. i. Katharina] unvergl: spiehlt, und vollkommen die Musik besitzt“ (12. Aug. 1743).

Ludwig Gerber nahm Katharina Auenbrugger unter dem Namen Franzisca Auenbrügger in sein Lexikon auf mit der Information, sie sei „schon im J. 1766 [= 11-jährig] daselbst [Wien] als eine große Klavierspielerin und Sängerin berühmt“ gewesen und habe „1787 eine Klaviersonate von ihrer Arbeit stechen“ lassen (Gerber 1). Auch Friedrich Nicolai verwendete in seinen Reisebeschreibungen irrtümlicherweise den Vornamen Franciska und berichtet, dass sie „meisterhaft auf dem Klavier“ spiele und „mit reiner Intonation und wahrem Affekte“ singe (zit. nach Neuburger, S. 37). Katharina Auenbrugger trat offenbar häufiger in Akademien in Wien auf, wovon das „Jahrbuch der Tonkunst von Wien und Prag“ 1796 berichtet, allerdings mit dem Hinweis, dass diese Auftritte inzwischen (d. h. 1796) selten geworden seien: „eine der ersten Künstlerinnen auf dem Fortepiano, welches Instrument sie nicht nur mit Fertigkeit, sondern auch mit Geschmack spielte. Seit mehreren Jahren aber hört man sie wenigstens in Akademien nicht mehr“ (Schönfeld, S. 68).

Der Grund dafür mag in ihrer Verheiratung gelegen haben, 1782 ehelichte sie den Witwer Joseph Freiherr Zois von Edelstein (1744−?). Wurzbach gibt im Stammbaum von Zois vier Kinder an (Karl, Anna, Joseph, Luise). Berichtet wird aber weiterhin von einem musikalischen Salon im Hause des Freiherrn Zois: Während der Wintersaison wurden „jeden Sonntag Mittags von 12 bis 2 Uhr musikalische Matineen“ gegeben und „von ausgewählter Gesellschaft und von fremden Tonkünstlern besucht“ (Marx/Haas, S. 41). In diesem Rahmen scheint sie weiterhin aufgetreten zu sein.

 

LITERATUR

Gerber 1, Schönfeld, Wurzbach, EitnerQ, Cohen, GroveW, Marx/Haas

Friedrich Nicolai, Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz im Jahr 1781, Berlin [u. a.] 1784.

Max Neuburger, Das alte  medizinische Wien in zeitgenössischen Schilderungen, Wien 1921.

Mozart. Briefe und Aufzeichnungen, 7 Bde., hrsg. von Wilhelm A. Bauer u. Otto Erich Deutsch, Kassel [u. a.] 1962−1975.

Joseph Haydn, Gesammelte Briefe und Aufzeichnungen, unter Benützung der Quellensammlung von H. C. Robbins Landon, hrsg. von Dénes Bartha, Kassel 1965.

Ingrid Fuchs, „‚spielte das Fortepiano mit vieler Empfindung und Präzision’. Damen im musikalischen Salon rund um Joseph Haydn“, in: Phänomen Haydn 1732–1809. Prachtliebend, bürgerlich, gottbefohlen, crossover, hrsg. von Schloss Esterházy Management GmbH, Red. Theresia Gabriel u. Gerhard J. Winkler, Schloss Esterházy 2009, S. 144−151.

Tom Beghin, „The Lady Named on the Title Page. The Rhetoric of Dedication in Haydn’s Keyboard Works“, in: Widmungen bei Haydn und Beethoven, hrsg. von Bernhard R. Appel u. Armin Raab, Bonn 2015, S. 93–120.

Melanie Unseld, Musikgeschichte "Klassik" (= Bärenreiter Studienbücher Musik 21), Kassel 2022.

 

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