Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

SmedtSmetDesmet, Pauline de

* 8. Jan. 1838, Ort unbekannt, † 1907 verm. in Brüssel, belgische Pianistin und Klavierlehrerin. Pauline de Smedt’s Biografie ist nur bruchstückhaft überliefert. Als 14-Jährige beendete sie ihr Studium bei Marie Pleyel am Brüsseler Konservatorium mit einem ersten Preis. Anschließend erhielt sie Theorieunterricht beim Pianisten und Komponisten Berthold Damcke (1812–1875). Erste Konzerte sind aus dem Jahr 1867 bekannt: Am 20. Jan. interpretierte die Pianistin beim 5. Concert populaire de musique classique im Brüsseler Nationaltheater das Konzertstück C-Dur op. 42 für Klavier und Orchester von Robert Volkmann. Die Presse verzeichnet weiterhin für das 6. Abonnement-Konzert in Aachen in der ersten Jahreshälfte 1867 ihre Mitwirkung mit dem Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll op. 25 von Mendelssohn. Im Nov. desselben Jahres ist mit ihrem Vortrag des Klavierkonzerts Nr. 4 G-Dur op. 58 von Beethoven sowie einiger Kompositionen von Benoit und Liszt ein weiterer Auftritt in Aachen überliefert. Im Mai 1868 plante die Pianistin eine Konzertreise nach London, über deren Umsetzung jedoch keine Berichte vorliegen. Anschließend konzertierte sie in Brüssel, u. a. im Apr. 1870 beim Abschiedskonzert des polnischen Komponisten Henryk Wieniawski im Saal der Philharmonie. Hier spielte sie zusammen mit Wieniawski Moscheles’ Grand Duo Hommage à Händel op. 92: „L’association de ces deux pianistes a donné du piquant à ce duo, qui n’a jamais été cité comme une merveille. Le jeu clair, précis, exempt de toute exagération de Mlle De Smedt nous semblait mieux s’accorder avec la musique raide du docte maître de Leipzig, que celui de M. Wieniawski, qui prend trop ses aises dans l’interprétation de pareille musique, dont la note écrite et les ponctuations doivent être observées rigoureusement“ („Der Zusammenschluss dieser beiden Pianisten hat diesem Duett, das noch nie als ein besonderes Wunder angesehen wurde, etwas Pikantes verliehen. Das klare, präzise und unübertriebene Spiel von Mlle. De Smedt schien uns besser zu der steifen Musik des gelehrten Meisters aus Leipzig zu passen als das von M. Wieniawski, der sich viele Freiheiten nimmt in der Interpretation dieser Musik, deren Notation und Punktierungen peinlich genau zu befolgen sind“, Le Guide musical 7. Apr. 1870). Weiterhin werden Konzerte in Wiesbaden (1870, 1871) und Gent (1879) erwähnt. Für den 22. Febr. 1882 ist ein Konzert des „Quator du Conservatoire“ (Signale 1882, S. 198) in Brüssel mit dem Klavierquartett Es-Dur op. 47 von Schumann unter Mitwirkung von Pauline de Smedt angekündigt. Um 1892 hielt sich die Pianistin in der westflämischen Stadt Roeselare auf. Hier unterrichtete sie ihre Nichte, die belgische Komponistin Cecilia Callebert (1884–1978), im Klavierspiel.

Der Nekrolog aus dem „Guide musical“ zeichnet das Bild einer aktiveren Musikerin, als es die spärlichen Konzertberichte vermuten lassen: „Nous l’entendîmes à diverses reprises dans les grands concerts donnés à Bruxelles, au Conservatoire, aux Populaires, à la Grande Harmonie, au Cercle artistique et littéraire. Elle eut en outre des succès très honorables à Londres, en Allemagne et à Paris. […] Plus tard, l’aimable artiste s’effaça pour laisser la place à d’autres. Son extrême modestie la poussa lentement à abandonner la carrière de virtuose. Elle fit le bien tant et plus, protégea les talents naissants, aida d’innombrables infortunes et finit par se donner tout entière à cette nouvelle passion toute de désintéressement“ („Wir hörten sie mehrere Male in großen Konzerten in Brüssel, am Konservatorium, in den Concerts Populaires, in der Grande Harmonie, im Cercle artistique et littéraire. Sie hatte unter anderem sehr ansehnliche Erfolge in London, in Deutschland und in Paris. [...] Später zog sich die liebenswerte Künstlerin zurück, um den Platz für andere freizumachen. Ihre äußerste Bescheidenheit brachte sie dazu, allmählich ihre Karriere als Virtuosin aufzugeben. Ab und zu tat sie Gutes, förderte junge Talente, half zahllosen Unglücklichen und gab sich schließlich voll und ganz dieser neuen, uneigennützigen Leidenschaft hin“, Le Guide musical 1907, S. 17).

Der Komponist und Preisträger des belgischen Rompreises Peter Benoit widmete ihr die dritte Suite seiner Klaviersammlung Legenden und Balladen (1861).

 

LITERATUR

Bock 1867, S. 134; 1870, S. 15, 199

CaeciliaNL 1870, S. 25

Le Guide musical 1870, 6. Jan., 7. Apr.; 1871, 20. Apr.; 1907, S. 17

NZfM 1867, S. 162; 1868, S. 23; 1871, S. 247

Revue trimestrielle 1867, S. 222

Signale 1867, S. 113, 1020; 1870, S. 108; 1879, S. 279; 1882, S. 198

Die Tonhalle 1870, S. 442

Studiecentrum vlaamse muziek, http://www.svm.be/content/callebert-cecilia?display=biography&language=en, Zugriff am 9. Jan. 2014.

Edouard G. J. Gregoir, Les artistes-musiciens belges au XVIIIe au XIXe siècle, Brüssel 1885.

 

JW

 

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