Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Hahn, Clara

* verm. um 1854 in Breslau, Sterbedaten unbekannt, Pianistin. Ein erster Auftritt ist am 25. Febr. 1868 beim 7. Abonnementkonzert des Orchestervereins in Breslau dokumentiert: „Auch spielte eine sehr jugendliche Künstlerin, die 14jährige Clara Hahn das Concert von Weber mit Orchesterbegleitung nicht nur mit richtigem Verständniß, Tactfestigkeit und tadelloser Technik, sondern sogar auswendig und gab nach stürmischem Beifall noch das Spinnerlied von Mendelssohn zum Besten. […] Es wird beabsichtigt, ihre Ausbildung bei Hans von Bülow vollenden zu lassen, und sie wird dann bald von sich reden machen“ (Signale 1868, S. 264f.). Offenbar ging Clara Hahn tatsächlich zur weiteren Ausbildung nach Berlin. In den SchülerInnen-Listen des Sternschen Konservatoriums wird ihr Name jedoch nicht erwähnt, so dass ein Unterricht bei Bülow nicht nachweisbar ist. Allerdings wird sie in späteren Rezensionen als Schülerin von Carl Tausig (1841–1871) bezeichnet, der in Berlin 1865 die „Schule des Höheren Klavierspiels" gründete.

Im Jahr 1873 verlegte Clara Hahn ihren Wohnsitz nach Detmold. Zwischen 1872 und 1878 konzertierte sie, teilweise in Begleitung ihrer Schwester, der Sopranistin Jenny Hahn (Lebensdaten unbekannt), in Magdeburg (1872), Berlin (1872, 1876), Breslau (1872, 1874, 1875, 1877), Detmold (1872, 1873), Königsberg (1874), Petersburg (1875), Leipzig (1875, 1878) und Dresden (1878). Höhepunkte ihrer offenbar recht kurzen Karriere waren der Vortrag einer Liszt-Rhapsodie in Anwesenheit Liszts 1875  in Leipzig, die Mitwirkung bei den Reichshallenkonzerten 1876 in Berlin und ein Konzert im Saal des Leipziger Gewandhauses am 27. Febr. 1878.

Rezensionen bescheinigen der Pianistin meist solide pianistische Fertigkeiten. Zu ihrem Vortrag von Joh. Seb. Bachs Präludium und Fuge in a-Moll, einem Walzer von Chopin und der Liszt-Rhapsodie in Fis-Dur beim Königsberger Musikfest am 11. Okt. 1874 schreibt die „Neue Berliner Musikzeitung“: „Ist Frl. Hahn bei dem heutigen Stande der Klaviertechnik auch noch kein Stern erster Grösse am Klavierhimmel, so hat sie doch das Zeug dazu, ein solcher zu werden und muss zur Erreichung dieses Zieles zunächst auf grösste Correctheit und Sauberkeit hinarbeiten“ (Bock 1872, S. 372).

Zur gleichen Zeit wie Clara Hahn sind weitere MusikerInnen dieses Familiennamens, z. T. in denselben Städten, aktiv gewesen. Eine Verwandtschaft mit Bertha Hahn und ihrem Ehemann Albert Hahn ist jedoch unwahrscheinlich.

Ihr Repertoire enthielt u. a. das Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll op. 25 von Mendelssohn, das Schumann-Konzert sowie Werke von Joh. Seb. Bach, Chopin, Liszt, Beethoven, Tausig und Saint-Saëns.

 

LITERATUR

AmZ 1875, Sp. 60

Bock 1872, S. 359, 366, 380, 388; 1874, S. 53, 372; 1876, S. 379

FritzschMW 1872, S. 139, 729; 1876, S. 693, 709; 1877, S. 130; 1878, S. 141

Leipziger Zeitung 1878, S. 112

NZfM 1872, S. 469, 479; 1873, S. 67; 1874, S. 84, 107; 1875, S. 143, 380; 1876, S. 511; 1877, S. 301; 1878, S. 120

RGM 1876, S. 397f.

Signale 1868, S. 265; 1872, S. 137, 872; 1873, S. 61; 1874, S. 772; 1878, S. 297

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