Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

GuschlGuschel, Betty, Betti

Geburtsdaten unbekannt, † nach 1845 (Ort unbekannt), Pianistin aus Wien. Zusammen mit ihrem Bruder Karl (Violine) erlangte Betty Guschl in den 1830er Jahren Bekanntheit als Kindervirtuosin. Begleitet von den Eltern bereisten die Geschwister Europa, vor allem aber die Habsburgermonarchie sowie Süd- und Mitteldeutschland. Im Okt. 1830 folgte ein früher Auftritt der jungen Pianistin in einem Konzert der Flötistin Lorenzina Mayer im Wiener Theater in der Leopoldstadt. Erst einige Jahre später finden sich weitere Belege ihrer Konzerttätigkeit: Am 20. Jan. 1833 wirkte sie in einem Konzert des Bruders im Wiener Musikvereinssaal mit. Am 22. Apr. 1833 ließen sich die Geschwister in einem Privatkonzert eines Musikers namens Domazolli in Linz hören und fanden hierfür anerkennende Kritiken. In der „Salzburger Zeitung“ ist über Betty Guschl zu lesen: „Obschon wir Gelegenheit hatten auf diesem Instrumente ausgezeichnete Künstler zu hören, so müssen wir gestehen, daß sie, was Fertigkeit und Reinheit  des Anschlages anbelangt, ihren ausgezeichneten Vorgängern nicht nachgesetzt werden dürfe“ (Salzburger Zeitung 27. Apr. 1833). Im Juni gastierten die Geschwister in Salzburg und anschließend in Pressburg, wo sie ein Konzert im städtischen Theater veranstalteten. Betty Guschl trug hier den zweiten Satz aus dem Klavierkonzert Nr. 6 A-Dur op. 192 von Henri Herz vor. Ein Korrespondent der „Wiener Theaterzeitung“ bescheinigt ihr hierauf „eine ungemeine Sicherheit und Fertigkeit, einen gefühlvollen Vortrag, und wie ihr Bruder eine lobenswerthe Ruhe“ (Wiener Theaterzeitung 8. Juni 1833).

Am 1. Aug. 1833 konzertierten die Geschwister im Königlich-Bayerischen Theater Passau. Auf dem Klavier begleitete Betty Guschl ihren Bruder bei einem Violinkonzert von Mayseder und spielte anschließend allein ein Rondo brillant von Herz sowie Variationen von Kalkbrenner. Im Kourier an der Donau heißt es hierzu: „Diese herrliche Künstlerin spielte sowohl das Rondo wie auch die Variationen mit einer Fertigkeit, Ausdruck, Gefühl und Ausdauer, daß ihr mit Recht der Aplaus [sic] des Publikums zu Theil wurde“ (Kourier an der Donau 2. Aug. 1833). Von Passau aus begaben sich die Geschwister nach Bamberg, wo sie im Sept. 1833 auftraten.

In den folgenden Jahren konzertierte Betty Guschl nur noch solistisch. Unter anderem spielte sie am 11. Dez. 1834 im Rahmen eines Wohltätigkeitskonzerts im Leipziger Gewandhaus Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37. Ein Korrespondent der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ bezeichnete sie hierauf als „Pianoforte-Virtuosin von noch nicht ganz vollkommener, doch viel versprechender Fertigkeit und leichtem Anschlage“ (AmZ 1835, Sp. 31). 1835 folgten Auftritte in Dresden und Berlin.

Viel Beachtung fand ein Auftritt am 27. Apr. 1836 im Münchener Odeonssaal. Betty Guschl wirkte hier in einem Konzert des Pariser Geigers Joseph Ghys mit, das auch in der englischsprachigen Presse Erwähnung fand. Im Sept. desselben Jahres musizierte die Pianistin in Weimar. Abgesehen von Hinweisen auf ein Konzert in Aachen im Jahre 1845 liegen keine weiteren Belege für eine Konzerttätigkeit vor.

 

LITERATUR

Almanach für Freunde der Schauspielkunst auf das Jahr 1845, S. 49

AmZ 1835, Sp. 31; 1836, Sp. 631

Bayerische National-Zeitung [München] 1836, S. 263, 275

Der bayerische Volksfreund [München] 23. Apr. 1836

Castelli 1835, S. 31; 1836, S. 87

Europa. Chronik der gebildeten Welt 1836, S. 24

Fränkischer Merkur [Bamberg] 18. Sept. 1833

Kourier an der Donau. Zeitung für Niederbayern [Passau] 2. Aug. 1833

Münchener politische Zeitung 1836, S. 620, 659

Münchener Tagblatt 23. Apr. 1836

Museum der eleganten Welt 1836, S. 520

MusW 1836, S. 12

NZfM 1834 I, S. 292

Panorama. Ein Blatt zur Conversation und Belehrung 1836, S. 89

Salzburger Zeitung 1833, 27. Apr., 24. Juni

Theatralisches Taschenbuch zur geselligen Unterhaltung vom k. k. priv. Theater in der Leopoldstadt 1831, S. 19

Wiener-Moden-Zeitung und Zeitschrift für Kunst, schöne Literatur und Theater 1836, S. 663

Wiener Theaterzeitung (Bäuerle) 1833, 24. Jan., 8. Juni

Wiener Zeitschrift 1835, S. 63; 1836, S. 663

Carl August Kornmann, Tage-Buch des Königl. Sächs. Hoftheaters, 14. Jg., Dresden o. J.

Alfred Dörffel, Geschichte der Gewandhausconcerte zu Leipzig vom 25. Nov. 1781 bis 25. Nov. 1881, Leipzig 1884, Repr. Walluf bei Wiesbaden 1972.

 

Hanna Bergmann/Annkatrin Babbe

 

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