Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Brousil, Cäcilie, CeciliaCecílieCecileCécileCicely (Anna)

* 29. Sept. 1847 in Písek (Tschechien), † nach 1911, vermutlich in London, Violinistin, Bratschistin, Concertinistin, Violinlehrerin. Sie war das jüngste Mitglied der Künstlerfamilie Brousil und möglicherweise Schülerin ihrer Schwester Bertha Brousil. Sie begann sehr früh mit dem Violinspiel und hat bereits 1855 – eventuell gar 1854 – bei den öffentlichen Auftritten der Brousil-Familie mitgewirkt. In dem Bertha Brousil begleitenden Streichquartett spielte sie zweite Violine. Die Konzertreisen und Auftritte der Familie Brousil, an denen jeweils auch Cäcilie Brousil teilnahm, sind ausführlich im Art. über Bertha Brousil dargestellt.

Wie ihre Schwestern Bertha und Antonia Brousil ließ sich auch Cäcilie Brousil in Großbritannien nieder. Auch sie musizierte nach der Zeit als Kindervirtuosin weiterhin öffentlich, spielte dabei in der Regel mit einzelnen ihrer Geschwister (insbesondere den beiden Schwestern) gemeinsam, konzertierte jedoch, wie im Okt. 1873 in Cork (Irland) oder im Jan. 1885 in Leeds, auch allein. Noch 1909 ließ sie sich in einem Konzert in der Londoner Mozart Society hören, 1911 spielte sie im Rahmen eines „drawing-room concerts“ (Musical Standard 1911, S. 283) in Kensington.

Berichte über Art und Qualität ihres Spiels sind wesentlich seltener als bei ihrer Schwester Bertha Brousil, die meist im Zentrum des Interesses der Musikkritik stand. Doch offenkundig wurde auch ihr Musizieren vom Publikum freundlich aufgenommen. So schreibt der „Glasgow Herald“ von einem Konzert im Nov. 1873: „A special feature of the entertainment was the violin playing of Mdlle. Cecilia Brousil, the audience frequently applauding the efforts of that young lady (Glasgow Herald 1. Dez. 1873). Wie ihre Schwester Bertha Brousil agierte auch Cecilia Brousil im Rahmen von kirchenmusikalischen Aufführungen in hervorgehobener Orchesterposition. 1879, angesichts einer Aufführung von Haydns Schöpfung in Bishop Auckland, notiert der „Musical Standard“: „Miss Cecile Brousil rendered most efficient service in leading the band“ (Musical Standard 1879, S. 161). Auch in den 1890er Jahren, als sie regelmäßig in Konzerten der „Mozart Society“ spielte, führte sie ein Orchester an: „The band of pupils and professionals had been brought together by Miss Cécile Brousil, who effectively led the strings“ (Musical Standard 1896, S. 253).

Zum solistischen Repertoire der Geigerin gehörten u. a. Werke von Wieniawski und de Bériot, dazu Sonaten Beethovens, aber auch populärere Werke wie Max Bruchs Violinkonzert g-Moll oder die Violinbegleitung zum Gesang in einer entsprechend eingerichteten Version von Bach / Gounods Ave Maria. Zudem brachte sie mehrmals Musik des mit der Familie Brousil befreundeten Johann Heinrich Bonawitz zur Uraufführung.

Ab den 1880er Jahren unterrichtete sie mit Bertha und Hans Brousil – auch im institutionellen Rahmen der „Brousil School of Music“ – zahlreiche SchülerInnen auf Streichinstrumenten. Mehrmals lässt sich nachweisen, dass diese im Rahmen von Schülerkonzerten auftraten, darunter befanden sich auch eine Reihe von Frauen (namentlich genannt in: Musical Standard 1888, S. 165). 1893 scheint sie die instrumentale Lehrtätigkeit allein fortgeführt zu haben, nun nennt der „Musical Standard“ nur noch Schülerinnen, u. a. ein Geigerinnen-Sextett: „David’s Etude in G minor was capitally played by six young ladies, pupils of Mlle. Brousil, and at the end of this piece, Mlle. Brousil was called to the front and presented with a basket of beautiful flowers (Musical Standard 1893, S. 389). 1897 wurde Musik aus Bonawitz’ Oper Osholenka „capitally played at the end of the concert by Miss C. Brousil and a party of fifteen young lady ‚strings‘“ (Musical Standard 1897, S. 31).

 

LITERATUR (Auswahl; für weitere Literatur siehe Bertha Brousil)

Belfast News-Letter, 15. Okt. 1872; 13. Jan. 1891

The Era (London), 26. Okt. 1873

Freeman's Journal and Daily Commercial Advertiser [Dublin], 1870, 2. Nov.; 1871, 3. Jan.; 1873, 24. Sept.

Glasgow Herald 1873, 20. Nov., 1. Dez.

Jackson’s Oxford Journal 1875, 9. Jan.; 1877, 28. Apr.

Leeds Mercury 6. Jan. 1885

Liverpool Mercury 26. Nov. 1866

Magazine of Music 1895, S. 116

Musical News 1897 I, S. 437; 1898 I, S. 257; 1898 II, S. 562

Musical Standard 1879, S. 161; 1881, S. 426; 1882, S. 386, 419; 1883, S. 19, 180, 239, 288, 314; 1884, S. 337; 1888, S. 165; 1892, S. 24; 1893, S. 389; 1894, S. 459, 548; 1895, S. 371; 1896, S. 253; 1897, S. 30f., 172, 190, 206, 305, 321; 1898, S. 346; 1900, S. 12f., 276, 313; 1902, S. 310; 1904, S. 60; 1908, S. 254, 350; 1910, S. 199; 1911, S. 283, 291

MusT 1879, S. 331; 1895, S. 51; 1898, S. 823

MusW 1876, S. 111; 1877, S. 319; 1884, S. 154; 1886, S. 781

North Wales Chronicle 20. Juni 1891

Wurzbach, OeML

Kirchenbücher Písek, https://digi.ceskearchivy.cz/6374/325/1491/2197/58/0, mit Dank für die Übermittlung an Radek Hasalík.

 

VT

 

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