Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Mahir, (Anna) Laura, verh. Sick

* 10. Juli 1803 in München, † nach 1846, Pianistin und Komponistin. Ihr Vater war Hofrat und Professor in München (?–1833). Sie wurde von früher Kindheit an musikalisch gefördert. Zusammen mit ihrem Bruder Eduard Mahir (um 1805–?) trug sie im März 1817 in München eine vierhändige Sonate von Jan Ladislav Dusík  vor. Der Vortrag „zeugte, bey ungewöhnlichen Anlagen, von viel höherer Entwicklung des […] Kunststudiums, als man von diesem Alter erwarten sollte. Präcision, reine Bindung, rührender Ausdruck, Kraft und Fertigkeit entsprachen dem Geiste dieser besonders schwergesetzten, überaus schönen […] Sonate“ (Münchner politische Zeitung 1817, S. 344). Weitere Konzerte mit ihrem Bruder sind nicht überliefert. Im Nov. 1822 spielte sie in Wien Klavier-Variationen von Moscheles mit Orchesterbegleitung, die sie „trotz der natürlichen, bey einem Frauenzimmer um so grösseren Befangenheit des ersten Auftretens, meisterhaft vortrug“ (Wiener AmZ 1822, Sp. 751). Sie erhielt, vermutlich seit 1822, Klavierunterricht von Maria Anna Mozart in Salzburg. Eine kleine Konzertreise führte sie im selben Jahr nach Pest, Ofen und Prag.

1823 ließ sich Laura Mahir in München in einem von ihr veranstalteten großen Konzert unter anderem mit Werken von Ferdinand Ries, Franz Schoberlechner und Phantasien aus dem Kopfe (Wiener AmZ 1823, Sp. 327) hören. Ein Auftritt von Moscheles 1823 in München bewog sie, sich weiter zur Pianistin ausbilden zu lassen. Ab 1823 hatte sie in Wien Klavierunterricht bei Carl Czerny (1791–1857) sowie Kompositionsunterricht bei Emanuel Förster (1748–1823) und spielte in den folgenden Jahren in München (1824, 1826), Augsburg (1824), Ofen (1826), Pest (1826) und Prag (1826). Bei einem Konzert in München 1826 begleitete sie Joseph Merk, Professor für Violoncello am Wiener Konservatorium „mit einer, dem Herrn Concertgeber gegenüber sich gleich behauptenden Virtuosität“ (Der Sammler 1826, S. 240).

Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Augsburg um 1826 ging sie 1827 nach Frankfurt a. M., wo sie konzertierte und unterrichtete. Ein dortiger Auftritt am 19. Okt. 1827 erregte, verglichen mit bisherigen Auftritten, großes mediales Echo. Die Rezension der „Iris“ wurde in mehreren regionalen Zeitschriften zitiert: „Ihr Anschlag ist bestimmt und gleich; ohne dem Instrumente Gewalt anzuthun, entlockt sie ihm einen sehr vollkommenen Ton; sie überwindet große Schwierigkeiten mit vieler Sicherheit und Reinheit, spielt mit ungemeiner Ruhe und vieler Eleganz im Vortrage, eine Vereinigung von glänzenden Eigenschaften, die man selten findet. Keines der Stücke, welches wir von ihr hörten, ließ etwas zu wünschen übrig und wären die Komponisten derselben selbst zugegen gewesen, sie hätten ihre kühnsten Ansprüche befriedigt gefunden“ (Iris 1827, S. 833). Kurz darauf erhielt sie einen Ruf als kgl. Hofpianistin nach Stuttgart. Bis 1834 erteilte sie den dortigen königlichen Prinzessinnen Unterricht. Als sie den Assessor am königlichen Hof Sick heiratete, schied sie aus ihrem Amt aus und trat nur noch selten in der Öffentlichkeit auf, unterrichtete aber weiterhin „in einigen vornehmen Häusern der Stadt“„so weit es die treue Erfüllung ihrer Pflichten als Gattin und Mutter zuläßt (Schilling). Ihr Repertoire umfasste neben selbst komponierten Klavierstücken Werke von Hummel, Moscheles, Ries, Schoberlechner und Cherubini. Vor allem war sie als hervorragende Mozart-Interpretin bekannt. Neben Werken für Klavier komponierte sie auch Lieder.

 

WERKE FÜR KLAVIER

Introduction et Variations sur une Walse [sic] viennaise [sic] in F, Augsburg 1826.

Rondo Pastorale pour le Piano Forte, Frankfurt a. M. um 1832.

 

LITERATUR

AmZ 1822, Sp. 845; 1824, Sp. 65f.; 1827, Sp. 326; 1828, Sp. 582; 1829, Sp. 34f.; 1837, Sp. 778

Augsburgische Ordinari Postzeitung 1. Juni 1824

AWM 1842, S. 344

Der Bayerische Landbote [München] 1826, S. 3

Bayrischer Volksfreund 1827, S. 655

Castelli 1834, S. 50

Didaskalia oder Blätter für Geist, Gemüth und Publizität [Frankfurt a. M.] 26. Okt. 1827

Flora 1822, S. 816

Iris 1827, S. 833f.

Münchner Conversationsblatt 1831, S. 778

Münchner politische Zeitung 1817, S. 344

Neue Wiener Musik-Zeitung 1852, S. 124

Neueste Weltbegebenheiten 1827, S. 140

Offenbacher AmZ 1827/28, Sp. 326

Der Sammler 1826, S. 240

Tagsblatt für München 1827, S. 496

Wiener AmZ 1822, Sp. 751; 1823, Sp. 327; 1842, Sp. 344

Zeitung für die elegante Welt Berlin 1828,  Sp. 1152

Schilling, Gathy 2, Gaßner, Becker, Schla/Bern, Mendel, Fétis, Cohen

Gustav Klemm, Die Frauen. Culturgeschichtliche Schilderungen des Zustandes und Einflusses der Frauen in den verschiedenen Zonen und Zeitaltern, 6 Bde., Bd. 5, Dresden 1859.

 

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