Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Dubez, Dubetz, Anna verh. Klemcke-Dubez

* um 1828 in Neulerchenfeld, † nach 1908 (Ort unbekannt), Harfenistin und Zitherspielerin. Anna Dubez war die Tochter des Webermeisters Franz Dubetz und seiner Frau Barbara Dubetz. Ihre Brüder Josef Dubez (1824–1900), Peter Dubez (1849–1890) und Johann Dubez (1828–1891) waren ebenfalls Musiker, letzterer machte sich als Komponist sowie Harfen-, Zither-, Konzertina- und Gitarrenvirtuose einen Namen. Über die erste Ausbildung der Geschwister ist wenig bekannt; die Familie verfügte über so geringe Mittel, dass ihr Bruder Johann „schon als Jüngling für seinen Unterhalt selbst sorgen“ (Sieberichs-Nau, S. 5) musste. Anscheinend wurde die musikalische Ausbildung der Geschwister aber finanziell unterstüzt, die „fast sämmtliche Harfenisten waren, die meist auf Kosten der für dieses Instrument leidenschaftlich eingenommenen Fürstlichen Familie Esterhazy ihre Ausbildung auf der Harfe erhielten“ (Kade, S. 241).

Im Jahr 1867 berichtet die „Neue Zeitschrift für Musik“ von einem Konzert in Brünn „unter Mitwirkung der Geschwister Dubez (Harfe und Zither)“ (NZfM 1867, S. 14). Ob Anna Dubez hieran beteiligt war, geht aus der Meldung nicht  hervor. Im Jan. 1869 ist ein Konzert in Rotterdam belegt. Am 1. Okt. 1870 wurde sie Harfenistin der Mecklenburg-Schweriner Hofkapelle, zwei Jahre später ernannte der Großherzog sie zur Kammervirtuosin. Ab 1870 sind zahlreiche Auftritte als Harfenistin nachgewiesen. Im Jahr 1871 wurde sie „durch Vermittlung des Kurorchesterdirectors August Labitzky […] für das Karlsbader Kurorchester engagirt“ (Loew, S. 222). Am 5. Febr. 1872 nahm sie in Schwerin an einer Aufführung des Tannhäuser von Wagner teil: „Vorzüglich ward der schwierige Harfen-Part von Frl. Dubez gespielt“ (Signale 1872, S. 279). Im Monat darauf ließ sie sich mit Solostücken für Harfe bei einer Soiree für Salon- und Kammermusik hören. Wie aus einer Korrespondenz mit Johann Strauß (Sohn) von 1871 hervorgeht, war sie dabei auch auf der Suche nach neuer Literatur für Harfe solo. Im selben Brief bat der Walzerkönig um ihre Unterstützung als Zitherspielerin bei G’schichten aus dem Wienerwald in 14 Konzerten in Baden-Baden.

In den folgenden Jahren sind vor allem Harfenkonzerte in norddeutschen Städten belegt, wie Schwerin, Hamburg, Lübeck, Rostock und Berlin. Anna Dubez reiste aber auch immer wieder nach Böhmen, um in Karlsbad (Karlovy Vary) oder Franzensbad (Františkovy Lázně) zu spielen. Außerdem gab sie Konzerte in Leipzig, Stockholm und Rotterdam. Neben der Teilnahme an Konzerten als Orchestermitglied trat Anna Dubez auch als Solistin in Erscheinung. Zu ihrem Repertoire gehörten Aeolian harp von ihrem Bruder Josef Dubez, Mélancolie und Danse des Sylphes von Félix Godefroid sowie Alfred Zamaras Elegie. Vor allem aber spielte sie Werke von Karl Oberthür, darunter sein Concertino für Harfe und Orchester, La CascadeAir russe, Fairy Legend, Serenade und Evening wish. Das Stück Clouds and Sunshine widmete er der Harfenistin. Von Oberthür stammten auch die Nocturnes für Oboe und Harfe Une nuit d’éte und The moon is gleaming, die Anna Dubez einige Male gemeinsam mit Ludwig Friedrich Wilhelm Klemcke, ebenfalls Kammervirtuose des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, aufführte.

Als Anna DubezVertrag im Jahr 1877 ablief, konnte sie eine Verlängerung erwirken. Im Herbst heiratete sie in Sondershausen den Oboisten Ludwig Friedrich Wilhelm (Louis) Klemcke (?–1895), ebenfalls Mitglied der Schweriner Hofkapelle, der aber nach Auskunft des Deutschen Bühnen-Almanachs die Kapelle im selben Jahr verlassen hatte (1878, S. 258) und im September 1877 in Sondershausen nachgewiesen ist. 1880 lebte das Paar in Budapest, was durch Korrespondenzen mit Franz Liszt und Joseph Joachim belegt ist. Ob und ggf. wann Anna Klemcke-Dubez nach dem Aufenthalt in Budapest ihre Arbeit als Harfenistin wieder aufgenommen hat, ist unklar. Am 29. Dez. 1895 starb ihr Ehemann in Wien, möglicherweise hatte das Paar seinen Wohnsitz hierhin verlegt. Obwohl nach der Budapester Zeit keine Konzertbelege mehr von Anna Klemcke-Dubez zu finden sind, wird sie noch bis 1908 im Staatskalender von Mecklenburg-Schwerin als Kammervirtuosin aufgeführt. Über ihren weiteren Lebensweg liegen keine Informationen vor.

 

LITERATUR

Almanach der Genossenschaft deutscher Bühnen-Angehöriger 1874, S. 257

AmZ 1872, Sp. 246

Blätter für Musik, Theater und Kunst 18. Dez. 1866

Bock 1874, S. 3f.

Die Debatte [Wien] 19. März 1867

Deutscher Bühnen-Almanach 1874, S. 265; 1875, S. 307; 1877, S. 275; 1878, S. 258

Egerer Zeitung 8. Sept. 1877

Fremden-Blatt [Wien] 1857, 29. Okt.; 1865, 14. Aug.; 1866, 27. März; 1867, 6. Sept.; 1873, 31. Juli

FritzschMW 1874, S. 154; 1896, S. 52

Grossherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender 1906, S. 40; 1908, S. 39

MusW 1872, S. 544, 591, 709; 1873, S. 94, 539, 635, 655; 1874, S. 28, 52, 53, 705; 1875, S. 519; 1876, S. 465, 504, 521, 601; 1877, S. 488, 591

NZfM 1867, S. 14; 1872, S. 212f.; 1873, S. 442; 1877, S. 395

Oesterreichische Badezeitung 1877, S. 122

Prager Tagblatt 1881, 8., 13. Sept.

Die Presse [Wien] 27. März 1866

Regierungsblatt für Mecklenburg-Schwerin 1872, S. 368

Signale 1865, S. 585; 1869, S. 221; 1872, S. 279

Wiener Tagblatt 27. März 1866

Der Zwischen-Akt 1867, 15., 18. März

Zingel

Brief von Franz Liszt an Anna Klemcke-Dubez, 23. Dez. [1880] (Goethe- und Schiller-Archiv GSA 59/54a).

Otto Kade, Die Musikalien-Sammlung des Großherzoglich Mecklenburg-Schweriner Fürstenhauses aus den letzten zwei Jahrhunderten, 2 Bde., Bd. 1, Wismar 1893.

Anton C. Loew, Kurzgefasste aber vollständige Chronik der weltberühmten Cur- und Badestadt Karlsbad seit deren Entstehung bis auf unsere Tage. Aus Urkunden u. verlässlichsten Quellen geschöpft, Karlsbad 1874.

Johann Strauß, Leben und Werk in Briefen und Dokumenten, hrsg. von Franz Mailer, 10 Bde., Bd. 2, Tutzing 1986.

Wenonah Milton Govea, Nineteenth- and Twentieth-Century Harpists. A Bio-Critical Sourcebook, Westport 1995.

Michael Sieberichs-Nau, Johann Dubez 1828–1891. Biographie und Werkverzeichnis, Wien 2008 [unveröffentlichtes Manuskript].

 

Christine Fornoff/FH

 

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