Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

PechwellPechwelt, Antonia, AntoineAntoinette Helene, verh. Pesadori

* 6. März 1799 in Dresden, † 20. Sept. 1834 ebd., Pianistin, Klavierlehrerin und Komponistin. Ihr Vater August Joseph Pechwell (1757–1811) war von Beruf Portraitmaler. Bereits im Alter von elf Jahren konzertierte Antonia öffentlich und spielte dabei auch eigene Kompositionen. Zeitgenössische Berichte weisen zunächst auf eine noch wenig ausgebildete linke Hand hin, sehen dieses Problem aber 1816 als bereinigt an. Antonia Pechwell studierte Klavier unter Alexander Klengel und Musiktheorie bei Friedrich Dotzauer. Ihr Spiel wird als ebenso kräftig wie gefühlvoll beschrieben, eine besondere Exzellenz schien sie im Prima-vista-Spiel entwickelt zu haben. Neben tagesaktuellen Bravourstücken und Werken ihres Lehrers Klengel pflegte sie als Interpretin auch ältere Musik, z. B. Joh. Seb. Bachs Fugen. Wie Friedrich Niecks überliefert, hörte Chopin 1829 bei einem Besuch in Dresden ihr Spiel (Niecks, Bd. 1, S. 114). Pechwell hatte über Francesco Morlacci, ihren späteren Trauzeugen, den Kontakt hergestellt. Ein Jahr später besuchte der Komponist noch einmal eine Soiree, an der Pechwell musikalisch mitwirkte (Niecks, Bd. 1, S. 161f.). 1831 heiratete die Pianistin Ranuzio Pesadori, einen von 1825 bis 1835 an der Dresdener Oper beschäftigten Tenor. Als Künstlerin führte sie fortan den Namen ihres Ehemanns. Ein letztes Konzert ist in Dresden am 15. März 1833 belegt, dem der Korrespondent der „Wiener Zeitschrift" höchste Anerkennung zollte: „Diese Künstlerinn, deren vollendet schönes Spiel mit seltner Energie und Kraft, hinreißendes Feuer des Vortrags, seelenvollen Ausdruck und den höchsten Glanz brillanter Rundung aller Passagen, verbindet, trug das große Concert von Hummel in H-moll meisterhaft vor […]; sie spielte dann die reizende Phantasie mit Variationen von Osborne und Beriot mit dem Concertmeister [Antonio] Rolla zusammen, dieß Duo war ein Wetteifer im Vortrag beyder seltnen Knstler an Grazie und Laune. Zuletzt spielte die Concertgeberinn noch sehr brillante und schön durchgeführte Variationen mit vollem Orchester von ihrer eigenen Composition, in denen sie ihre ausgezeichnete Bravour ganz zeigen konnte“ (Wiener Zeitschrift 1833, S. 475).  

Eine Schwangerschaft im Jahr 1834 endete mit einer Totgeburt, die Mutter überlebte das Kind nur um wenige Monate. In den Folgejahren wurden einige ihrer Werke, die großenteils wohl für Unterrichtszwecke entstanden, posthum veröffentlicht und in der musikalischen Presse angezeigt und besprochen.

 

WERKE FÜR KLAVIER

Variations brillantes sur un Theme de Himmel „An Alexis send’ ich Dich“, Dresden 1828.

Variations brillantes „Romance de Joconde de Nicolo“, Dresden 1830.

Introduction et Rondeau agréable, Leipzig 1838.

 

LITERATUR

Frédéric Chopin: Briefe, hrsg. von Krystyna Kobylanska, Berlin 1983, S. 63, S. 65, S. 97, S. 98, S. 99, S. 373.

AmZ 1812, Sp. 13f.; 1816, Sp. 269-271, Sp. 602; 1830, Sp. 670; 1835, Sp. 108f., 124; 1838, Sp. 499

AWM 1842, S. 472

Berliner AmZ 1828, S. 190f.

Bertuch 1813, S. 248; 1814, S. 53

Leipziger Zeitung 1816, 5., 6., 9. März

NZfM 1834, S. 36; S. 216; 1837 II, S. 138f.

Wiener Zeitschrift 1816, S. 366; 1833, S. 475f.; 1834, S. 983; 1835, S.62

Zeitung für die elegante Welt 1811, Sp. 446

Schilling, Fétis, Cohen

Gustav Klemm, Die Frauen. Culturgeschichtliche Schilderungen des Zustandes und Einflusses der Frauen in den verschiedenen Zonen und Zeitaltern, 6 Bde., Dresden 1854–1859, Bd. 5, Dresden 1859.

Friedrich Niecks, Friedrich Chopin als Mensch und Musiker, 2 Bde., Leipzig 1890.

Gudrun Schlechte, Der Alte Katholische Friedhof in der Friedrichstadt zu Dresden, Dresden 2004.

 

MG/FH

 

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