Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Onitsch, (Anna Maria) Nina, verh. Bielczizky, Bielcziczky, Bielzizky, Bielcitschky

* 7. Juli 1816 in Wien, † 6. Dez. 1886 in Linz, Pianistin, Sängerin und Klavierlehrerin. Die Tochter eines Wiener k. k. Polizeioberkommissars erhielt von ihrem neunten Lebensjahr an Klavierunterricht, wobei zunächst Penzel als ihr Lehrer genannt wird. Dieser stellte sie 1827 im Rahmen eines von ihm veranstalteten Konzertes im Josefstädter Theater in Wien erstmals der Öffentlichkeit vor. Nach Penzel übernahmen der Pianist und Komponist Wenzel Wilhelm Würfel (1791–1832) und nach dessen Tod der Geiger und Konzertpianist Carl Maria von Bocklet (1801–1881) die weitere Ausbildung der Musikerin. Unterricht erhielt sie außerdem von Sigismund Thalberg (1812–1871), der sie einem Korrespondenten der Zeitschrift „Moravia“ zufolge schließlich „so weit heranbildete, daß sie sich seitdem in der That bedeutenden Ruhm erwarb“ (Moravia 1839, S. 488).

Ihr öffentliches Debüt feierte Nina Onitsch 15-jährig mit einem Auftritt in einem Konzert des Wiener Musikvereins am 1. Dez. 1831. Das erste eigene Konzert veranstaltete sie am 10. Febr. 1833, ebenfalls im Großen Saal des Wiener Musikvereins und mit dem Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde. Mit letzterem spielte die Konzertgeberin Hummels Klavierkonzert Nr. 5 As-Dur op. 113. Außerdem trug sie in diesem Rahmen eine Komposition von Würfel vor. Die Resonanz in der Fachpresse war beifällig. Der Korrespondent des „Allgemeinen musikalischen Anzeigers“ bescheinigt der jungen Pianistin „Reinheit, Zierlichkeit und Gefühl“ (Castelli 1834, S. 43). Ähnlich äußert sich der Theaterkritiker Johann Nepomuk Hofzinser, der Nina Onitsch eine erfolgreiche Karriere voraussagt: „Mechanische Fertigkeit und Gefühl des Vortrags zeichnen ihr Spiel jetzt schon im hohen Grade aus, und so kann man bey ihrer zarten Jugend, wenn der Eifer, der sie zu beseelen scheint, nicht erkaltet, mit Gewißheit ihr einst einen der ersten Plätze unter Deutschlands Claviervirtuosen verbürgen“ (Der Sammler 1833, S. 104). In den folgenden Jahren veranstaltete die Musikerin weitere Konzerte im Musikvereinssaal. 1834 unternahm sie außerdem eine Konzertreise, in deren Rahmen sie u. a. in Pest und Graz auftrat.

Das Repertoire der Künstlerin umfasste insbesondere Werke von zeitgenössischen Komponisten wie Würfel, Hummel, Moscheles und Thalberg.

Ab 1834 sind auch Auftritte als Sängerin verzeichnet. Wiederholt enthielten ihre Konzertprogramme fortan neben Klavierwerken auch Gesangsnummern. Daneben etablierte sich Onitsch als Opernsängerin. 1838 wirkte sie in Brünn erstmals in einer Opernproduktion mit, nachdem sie im dortigen Stadttheater als Pianistin aufgetreten war.

Um 1840 heiratete Nina Onitsch den Tenor Wenzel Bielczizky (1818–1865). Im selben Jahr wurde in Brünn die Tochter Sophie († 1862) geboren, die später Sängerin und Schauspielerin wurde. Nina und Wenzel Bielczizky waren 1841 als SängerInnen in Berlin engagiert. Im Anschluss zogen sie nach Dresden, wo Nina Bielczizky als Pianistin der Königin angestellt war. In Dresden wurde auch die zweite Tochter des Ehepaares geboren, Auguste (1842–1915), die ebenfalls Sängerin wurde, die Karriere aber wohl nur kurze Zeit verfolgt hat.

Ab 1847 war Nina Bielczizky als Klavierlehrerin in Wien tätig. Spätestens 1853 hatte sie das Kassenwesen am Budweiser Stadttheater übernommen. Ende der 1850er-Jahre wirkte sie auch als Klavier- und Gesangslehrerin in Linz. Hier und in Salzburg trat Nina Bielczizky auch noch gelegentlich als Pianistin auf. Wiederholt ließ sie in ihren Konzerten ihre Tochter Sophie sowie ihre Schülerinnen auftreten.

 

Nina Onitsch, Lithographie.

 

LITERATUR

Taufbuch, Pfarre St. Stephan, 1815–1819, in: Matriken. Bestände Österreich. Wien/Niederösterreich (Osten): Rk. Erzdiözese Wien / 01., St. Stephan, https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/01-st-stephan/01-107/?pg=1, Zugriff am 1. Juni 2022.

Sterbebuch-Duplikat, Pfarre St. Josef, Linz, in: Matriken. Bestände Österreich. Oberösterreich: Rk. Diözese Linz, https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/oberoesterreich/linz-heilige-familie-ehemalig-st-josef/106%252F1866/?pg=1, Zugriff am 1. Juni 2022.

Der Adler 1840, S.1726

AmZ 1833, Sp. 412; 1834, Sp. 399; 1840, Sp. 958; 1845, Sp. 727

Bock 1841, S. 340; 1847, S. 423, S. 483; 1848, S. 90

Brünner Zeitung der K. K. Privilegirten Mährischen Lehnbank 1838, 18., 19., 25., 26., 27. Okt.

Castelli 1833, S. 36; 1834, S. 43; 1836, S. 44

Gmundner Wochenblatt 28. Juni 1859

Der Humorist 1840, S. 723; 1847, S. 884

Moravia. Ein Blatt zur Unterhaltung, zur Kunde des Vaterlandes, des gesellschaftlichen und industriellen Fortschrittes 1838, S. 276, S. 316; 1839, S. 412, 488

Musical Standard 1880 II, S. 7

MusW 1865, S. 214

Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt 1833, S.104

NZfM 1834 I, S. 24; 1844 I, S. 171f.

Österreichisch-ungarische Revue 1864, S. 146

Salzburger Zeitung 1859, 3. Okt.; 1864, 4. März; 1865, 21. März

Signale 1846, S. 406

Tagespost [Linz] 10. Nov. 1867

Wiener AmZ 1847, S. 423, 483; 1848, S. 90

Wiener Theaterzeitung (Bäuerle) 1831, 20. Dez.; 1833, 17. Jan., 18. Febr.; 1834, 18. Febr., 3. März, 22. Apr., 6. Nov.; 1836, 8. März; 1838, 16. Nov.

Schilling, Becker, Klemm, Wurzbach

L. Wolf, Almanach für Freunde der Schauspielkunst auf das Jahr 1841, Berlin 1842.

Eduard Hanslick, Geschichte des Concertwesens in Wien, 2 Bde., Bd. 1, Wien 1869.

Robert Prölss, Geschichte des Hoftheaters zu Dresden. Von seinen Anfängen bis zum Jahre 1862, Dresden 1878.

Edouard-Marie Oettinger, Moniteur des Dates, contenant un million de renseignements biographiques, génealogiquesSupplément et appendice, hrsg. von Hugo Schramm Macdonald, 9. Aufl. Leipzig 1882.

 

Bildnachweis

Muller Collection, https://digitalcollections.nypl.org/items/510d47e1-d6f8-a3d9-e040-e00a18064a99, Zugriff am 23. Okt. 2011.

 

Annkatrin Babbe

 

© 2009/2022 Freia Hoffmann