Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Beney, Theresa (Harriet)

* März 1859 oder 1860 in Brighton, Sterbedaten unbekannt, Organistin und Pianistin. Ihr Vater war William Beney, Leiter einer Privatschule in Brighton. Theresa Beney wuchs als jüngstes von fünf Geschwistern auf. Außerdem nahm die Familie Schüler und Schülerinnen von außerhalb in Pension. Für das Jahr 1861 ist belegt, dass ihre beiden älteren Schwestern Georgiana und Eliza zur Schule gingen; daher ist davon auszugehen, dass auch Theresa Beney eine Schulbildung erhielt. Anschließend studierte sie als Stipendiatin der Clothworker’s Company an der National Training School for Music Orgel bei John Frederick Bridge (1844–1924) und Klavier bei Franklin Taylor (1843–1919). 1879 berichtet die „Musical Times“ von der Teilnahme einer jungen Schülerin an einem Konzert Bridges, bei der es sich vermutlich um Theresa Beney handelte. Ein Jahr später dokumentiert der „Musical Standard“ bereits ein eigenes Konzert. Im Juli 1881 bestand sie die Prüfung am College of Organists und konnte nun die Bezeichnung „A.C.O.“ (Associate of the College of Organists) führen. (Der „Musical Standard“ berichtet von den Aufnahmeprüfungen, bei denen zwischen „Associateship“ und „Fellowship“ unterschieden wird. Um an der Prüfung für letzteres teilnehmen zu dürfen, muss erst die „Associateship“ erreicht werden; vgl. Musical Standard 1881, S. 43f)

Anfang des Jahres 1882 gab Theresa Beney in der Lancaster Hall ein Konzert auf der Orgel und dem Klavier, mit großem Zuspruch durch das Publikum, „who evidently greatly appreciated Miss Beney’s excellent playing“ (Musical Standard 1882, S. 123). Spätestens in diesem Jahr scheint sie ihre Ausbildung abgeschlossen zu haben und auf der Suche nach einer beruflichen Existenz gewesen zu sein, denn von Dez. 1882 bis Febr. 1883 veröffentlichte sie Anzeigen in der „Musical Times“ und bot Unterricht für Orgel- und Klavierspiel sowie Harmonielehre an.

Am 31. März 1883 veranstaltete Thersa Beney ein Konzert im Bow and Bromley Institut. Im Mai desselben Jahres berichtet der „Musical Standard“ von ihrer Ernennung zur Organistin an der Christ Church in Folkestone, einem englischen Küstenort. Dort spielte sie bis 1885 einige Konzerte in der Town Hall oder in der Christ Church, mit dem Ziel, durch die Einnahmen die Verlegung der Orgel von der Empore in den Altarraum zu finanzieren. Außerdem musizierte sie am 12. Sept. 1885 auf der „International Exhibition of Inventions“ in London.

Die Organisten-Stelle in Folkestone hielt Theresa Beney vermutlich bis 1886; von diesem Datum an wird Frank Edward Fletcher als Organist der Christ Church genannt. Die Anzahl ihrer Konzerte wurde nun geringer. Im selben Jahr spielte sie in ihrer Heimatstadt Brighton, 1888 abermals in der Christ Church in Folkestone und 1890 im Royal Bath Hospital in Harrogate. In dieser Zeit scheint Theresa Beney mit finanziellen Problemen gekämpft zu haben, denn 1893 gaben in Kensington Freunde und Kollegen ein Konzert für sie.

In den Jahren 1894 und 1899 wird von einigen Konzerten in London berichtet. Danach finden sich keine Belege mehr für Auftritte der Musikerin. Da noch 1899 von „Miss Theresa Beney“ berichtet wird, ist davon auszugehen, dass die 40-Jährige zu diesem Zeitpunkt unverheiratet war. Ob der Abbruch der öffentlichen Tätigkeit  mit  einer anschließende Heirat zusammenhing, liegt, wie auch Theresa Beneys weiterer Lebensweg und ihr Sterbedatum, im Dunkeln.

Auf der Orgel ließ sich Theresa Beney am häufigsten mit der Toccata in F-Dur sowie Fantasie und Fuge g-Moll von Joh. Seb. Bach hören. Auch die Große Fantasie (The Storm) e-Moll von Jacques-Nicolas Lemmens, die Fantasie und Fuge a-Moll von Merkel, die Orgelsonate Nr. 2 c-Moll von Mendelssohn und das Konzert Nr. 2 B-Dur von Händel waren Teil ihres Repertoires. Daneben spielte sie u. a. Werke von Wagner, Rheinberger, Spohr, Guilmant, Haydn und Gade. Ihr Repertoire auf dem Klavier enthielt Kompositionen von Schumann, Mendelssohn, Chopin und Grieg.

Bei Theresa Beney schien besonders die gute Pedaltechnik aufzufallen, die in mehreren Rezensionen hervorgehoben wird. Daneben spielte auch das Außergewöhnliche einer Organistin in den Kritiken immer wieder eine Rolle. Obwohl die „Lady Organists“ Ende des 19. Jahrhunderts keine so große Ausnahme mehr darstellten wie noch zu Anfang des Jahrhunderts, hielt es der Korrespondent des „ Musical Standard” 1880 noch für eine Besonderheit: „An organ recital by a lady is somewhat of a novelty, and Theresa Beney is to be congratulated on her courage, and also on her undoubted success. […] Miss Theresa Beney possesses excellent taste, and her execution, making allowances for a little natural nervousness, and for the difficulties attendant upon a performance on a comparatively strange organ, was exceedingly good“ (Musical Standard 1880, S. 344).

Auch 1883 blieb das Geschlecht der Orgelspielerin nicht unkommentiert: „Although one does not like the notion of a lady struggling with a big organ and engaged in work so trying and requiring such courage and watchful power as recital playing, save in rare instances, perhaps, it must be acknowledged that ladies can play the organ, and as pedalists are exceedingly neat and sure-footed, possibly by reason of incessant practice in measuring distances by their feet without being able, as men are in walking and pedal-playing, to watch their pedal movements. On the other hand, the power and grandeur of a large organ would seem to be best handled by the sterner strength of the lords of creation,’ to say nothing of question of mental power. Which the writer will not venture upon, lest his opinions bring him intohot water.’ Miss Theresa Beney, A.C.O., is indeed a very gifted young lady organist, and not without some playing experience. She succeeded best […] in Bach’s Toccata in F, in which the aptitude of a lady for pedal playing was admirably illustrated and Miss Beney’s special executive skill was abundantly displayed“ (Musical Standard 1883 I, S. 215).

Neben ihrer Tätigkeit als Organistin komponierte Theresa Beney auch. Sie schrieb hauptsächlich Lieder, aber auch Werke für Klavier: „Several songs from her pen prove her facility in catering for the better class of popular taste in that department of art, but her pianoforte compositions reveal a higher ambition and a more enviable success; the style reflects that of Schumann, but there is an ease and grace in the melodies and their treatment that promise well for the future of the young aspirant. She has ideas which she knows how to express, and perhaps we cannot pay her a greater compliment than to say she is more decidedly a musician than a pianist“ (Musical News 1894 I, S. 559).

 

LITERATUR

Athenæum 1880 II, S. 616f.; 1882 I, S. 229; 1886 II, S. 249f.; 1893 I, S. 162 

Daily News 9. Nov. 1892

The Era 1886, 6. Febr.; 1892, 15. Okt.

The Graphic 1889, 11 Mai; 1890, 3. Mai

The Leeds Mercury  1890, 25. Aug.; 1892, 22. Nov.

Musical Herald 1894, S. 22

Musical News 1894 I, S. 559; 1897 II, S. 416, 560; 1898 I, S. 72, 224, 320, 368, 512; 1898 II, S. 72, 196; 1899 I, S. 338

Musical Opinion and Music Trade Review 1893, S. 401, 748

Musical Standard 1880 II, S. 267, 313, 344; 1881 II, S. 44; 1882 I, S. 81, 92, 123; 1883 I, S. 184, 200, 215, 321; 1883 II, S. 161, 339; 1884 I, S. 75; 1884 II, S. 370; 1885 II, S. 278; 1892 II, S. 310; 1893 I, S. 248; 1900 I, S. 361

MusT 1879, S. 432; 1882, S. 643; 1883, S. 41, 59; 1885, S. 42; 1896, S. 456

MusW 1880, S. 743; 1888, S. 711

The Pall Mall Gazette 6. Aug. 1892

Frederick W. Thornsby, Dictionary of Organs and Organists, London 1912.

Warwick Bardon Henshaw, Biographical Dictionary of the Organ, 2003-2010, http://www.organ-biography.info/, Zugriff am 29. Okt. 2010.

Stephen S. Stratton, „Woman in Relation to Musical Art”, in: Proceedings of the Royal Musical Association 9 (1883), S. 115–146.

Judith Barger, Elizabeth Stirling and the Musical Life of Female Organists in Nineteenth-Century England, Aldershot 2007.

 

CF

 

© 2010 Freia Hoffmann