Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Florian, Olgaverh. Wisinger-Florian

* 1. Nov. 1844 in Wien, † 27. Febr. 1926 in Grafenegg (Niederösterreich), Pianistin und Malerin. Ihre Eltern waren Minna (Anna) Florian geb. List und Franz Florian, Beamter in der kaiserlichen Kabinettskanzlei.

Olga Florian war Schülerin von Julius Epstein (1832–1926), der am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien unterrichtete: „Erst kürzlich bewährte Fräulein Florian als würdige Schülerin Epstein‘s die empfehlenswerthen Vorzüge seiner Lehrmethode“ (Bock 1867, S. 68). Im Matrikelregister des Wiener Konservatoriums findet sie sich nicht – wahrscheinlich war sie eine von Epsteins Privatschülerinnen; sie wirkte jedoch bei den öffentlichen Konservatoriumskonzerten mit.

Ihr Klavierspiel wurde in der musikjournalistischen Presse überwiegend positiv aufgenommen. Über ein Konzert, welches die Pianistin im April 1870 in Wien gab, heißt es: „Olga Florian, die ebenfalls ein Orchester beizog, bewies große Sicherheit, Geläufigkeit und präzisen, energischen Anschlag, doch mangelt ihr Wärme im Ausdruck. Schuberts Wanderer-Fantasie (in der Liszt’schen Bearbeitung), Mendelssohns Serenade, Orgelfuge in Dmoll von Bach und Rhapsodie von Liszt boten Gelegenheit genug, ihre Fertigkeit und Ausdauer geltend zu machen“ (Signale 1870, S. 356). Zu ihrem Repertoire gehörten Klavierwerke von Bach-Tausig, Schubert, Liszt, Rubinstein, Schumann, Mendelssohn, Weber und Chopin.  Die Karriere von Olga Florian, einer Pianistin „von gediegener musikalischer Bildung, bedeutender Kraft und virtuoser Fertigkeit“ (Blätter für Musik, Theater und Kunst 1870, S. 144), währte jedoch nur kurz: Konzertankündigungen und Besprechungen konzentrieren sich auf den Zeitraum von 1867 bis 1873. Olga Florian konzertierte hauptsächlich in Wien. 1869 und 1870 gab sie mehrere Konzerte in Prag, u. a. beteiligte sie sich dort an den Konservatoriumskonzerten. Die Tagespresse berichtet auch von Konzerten in Franzensbad und Gmunden. Am 15. März 1868 trat Olga Florian in Wien selbst als Konzertveranstalterin auf und organisierte ein Wohltätigkeitskonzert „zum Besten des Centralkrippenvereines“ (Wiener Zeitung 17. März 1868) im Salon des Klavierfabrikanten Ehrbar. In der Saison 1870/71 und 1871/72 wirkte sie in den Quartettsoiréen von Joseph Hellmesberger mit. Ihr vermutlich letztes öffentliches Konzert wird in der „Neuen Freien Presse“ für den 30. Dez. 1873 angekündigt, eine Mitwirkung bei der „Sylvesterfeier des Wiener kaufmännischen Vereines“ (Neue Freie Presse 28. Dez. 1873).

1874 musste Olga Florian ihre Tätigkeit als Pianistin aufgeben – der Grund war offenbar ein „tückisches Handleiden“ (Murau, S. 121) –  und wandte sich der Malerei zu. Sie nahm Unterricht bei Melchior Fritsch und August Schaeffer, später auch bei Emil Jacob Schindler. Heute gilt sie als eine der bedeutendsten VertreterInnen des österreichischen Stimmungsimpressionismus.

1874 heiratete sie den Apotheker Franz Wisinger und nahm den Doppelnamen Wisinger-Florian an. Ihr Sohn Oscar wurde 1875 geboren. Von Beginn der 1890er Jahre an engagierte sie sich in der Frauen- und Friedensbewegung. Sie hatte verschiedene leitende Funktionen im „Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen“ in Wien inne und war Mitglied der „Österreichischen Friedensgesellschaft“, in deren Auftrag sie an den internationalen Kongressen in Rom, Bern und Chicago teilnahm. 1926 starb sie in Grafenegg, einem Dorf in Niederösterreich, in das sie sich, nahezu erblindet, in den letzten Jahren ihres Lebens zurückgezogen hatte. Ihr Ehrengrab befindet sich auf dem Zentralfriedhof in Wien.

 

Olga Wisinger-Florian. Photographie, um 1890.

 

LITERATUR

Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde Wien, Schreiben von Prof. Otto Biba vom 7. Dez. 2012 an die Verf.

Nachlass von Olga Florian in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien. Gemälde, Nachlass Reg.-Kat. Rudolf von Höfken, Wien (I. Abt.) nebst Beiträgen aus auswärtigem und Wiener Privatbesitz (etc.), 87 Blätter

Blätter für Musik, Theater und Kunst 1867, S. 120, 124; 1868, S. 89; 1870, S. 77, 144; 1871, S, 147; 1873, S. 71, 80

Bock 1867, S. 68, 124; 1868, S. 95; 1869, S. 38, 386, 424; 1870, S. 8, 109, 343

Bohemia [Prag] 10. Apr. 1868

FritzschMW 1870, S. 234, 702

Linzer Tages-Post 19. Aug. 1869

Neue Freie Presse 1973, 24. Juli, 28. Dez

NZfM 1867, S. 154; 1869, S. 423; 1870, S. 20

Prager Abendblatt 23. Dez. 1869

Die Presse [Wien] 11. Dez. 1867

Signale 1869, S. 1065; 1870, S. 38, 341, 356

Wiener Sonn- und Montags-Zeitung 9. März 1868

Wiener Zeitung 1867, 19. März; 1868, 17. März; 1869, 1. Juli; 1870, 29. März, 8. Mai; 1871, 7. Mai, 15. Nov.; 1872, 5. Jan., 26. März

Ludwig Eisenberg u. Richard Groner (Hrsg.), Das geistige Wien. Mittheilungen über die in Wien lebenden Architekten, Bildhauer, Bühnenkünstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller, Wien 1889.

Karoline Murau, Wiener Malerinnen, Dresden [u. a.] 1895.

Bertha von Suttner, Memoiren, Stuttgart u. Leipzig 1909.

Jahres-Bericht des Vereines der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien, Wien 1911ff.

Helga H. Harriman, „Olga Wisinger-Florian and Tina Blau. Painters in ,Fin de Siècle‘“, in: Woman's Art Journal, Vol. 10, No. 2 (1989/90), S. 23–28.

Bärbel Holaus, „Olga Wisinger-Florian (18441926). Arrangement mit dem ‚Männlichen‘ in der Kunst“, in: Jahrhundert der Frauen. Vom Impressionismus zur Gegenwart. Österreich 1870 bis heute, hrsg. v. Ingried Brugger, Wien 1999, S. 84–103.

Gerbert Frodl u. Marianne Frodl-Schneemann, Die Blumenmalerei in Wien, Wien 2010.

Marianne Baumgartner, Der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien (1885–1938), Wien [u.a.] 2015.

Bärbel Holaus, Olga Wisinger-Florian. Malerin und Pianistin. Zit. nach: biografiA. Biographische Datenbank und Lexikon österreichischer Frauen.  http://biografia.sabiado.at/wisinger-florian-olga/, Zugriff am 7. Dez. 2022.

Frauen in Bewegung 1848–1938, Ariadne-Portal der ÖNB, https://fraueninbewegung.onb.ac.at/node/1088, Zugriff am 7. Dez. 2022.

 

Bildnachweis

Copyright Österreich-Lexikon: http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.w/w829941.htm
Zugriff am 23. Nov. 2012.

 

Annika Klanke/CB

 

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