Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Weber, Charlotte

* 1779 in Berlin, Sterbedaten unbekannt, Harfenistin. Sie erhielt Harfenunterricht von Franz Brennessel, Harfenist an der königl. Hofkapelle in Berlin und Schüler von Carl Philipp Emanuel Bach. Schon im Januar 1790 trat sie in Weimar im privaten Zirkel auf, und Gerber berichtet, dass sie  „seit ihrem 11ten Jahre, in Begleitung ihres Vaters, als Virtuosin auf Reisen“ ging (Gerber 2, Sp. 525). In Deutschland konzertierte sie u. a. im Leipziger Gewandhaus (1790), in Hamburg (1794, 1802) und Sondershausen (1800). Nachdem sie „12 Jahre eine musikalische Reise fast durch ganz Europa gemacht“ hatte (AmZ 1804/05, Sp. 56), gab sie im Oktober 1804 ein Konzert in Berlin und brach danach zu einer weiteren Reise über Königsberg und Danzig nach St. Petersburg auf. 1807 konzertierte sie erneut in Berlin, 1808 in Prag. Im Jahr 1809 kehrte Charlotte Weber „von einer musikalischen Reise durch Italien, Oestreich, die Schweitz und Teutschland zurück nach Berlin“ (Meusel, S. 517). In den Jahren 1810 und 1811 wird von Konzerten in Kassel und Würzburg berichtet. Seit 1814 war Charlotte Weber Harfenistin in der königlichen Hofkapelle in Stuttgart. 1820 beklagt sich der Rezensent der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“, dass sie sich „auf ihren frühern mehrjährigen Kunstreisen einen ehrenvollen Künstlerruf erworben, in neuerer Zeit, ausser bey Hofe und im Theater, so selten öffentlich hören“ lässt (AmZ 1820, Sp. 148). Ihre Orchestertätigkeit in Stuttgart ist bis 1842 belegt..

Über ihr Spiel heißt es: „Ihre Pralltriller, ihre Doppelschläge und ihre langen Triller, wie überhaupt ihr Vortrag der Passagen, liessen an Rundung, Reinheit und Fertigkeit nichts zu wünschen übrig, so, daß mehrere Zuhörer gestanden, daß sie ihr Tage lang zuhören möchten. Dessen ungeachtet schien alles das, was sie gab, mehr das Resultat ihres Fleißes und Studiums, als ihrer Empfindungen zu seyn; fast die gewöhnliche Beschaffenheit der Virtuosität beym andern Geschlechte. Ihre Harfe ist mit Haaken, die sie, nach dem Bedürfnisse der Tonarten, mit vieler Geschicklichkeit niederläßt und wieder aufhebt“ (Gerber 2). Die Verwendung der Hakenharfe bot Anlass zur Kritik. Trotz der Mängel ihres Instruments konnte sie aber durch herausragende technische Fähigkeiten überzeugen: „Bekanntlich spielt sie die Harfe, aber ohne Pedal. Obschon dies arme Instrument für die Ausführung grosser, durchgeführter Tonstücke, so ganz ungenügend ist, und selbst den geübtesten Künstler im Strom der Begeisterung hemmen muss: so hat man dennoch ihrem Talente volle Gerechtigkeit wiederfahren lassen, und ihr zugestanden, dass sie mehr leistete, als man auf d i e s e m Instrument hoffte“ (AmZ 1808, Sp. 311f.).

Ihre musikalischen Vorbilder waren Benda, Mozart, Reichardt und Himmel (Meusel), auf ihren Programmen standen außerdem Kompositionen von Kleeberg und Hoffmann.

 

LITERATUR

AmZ 1804/05, Sp. 56f.; 1807/08, Sp. 40, 311f.; 1820, Sp. 148; 1823, Sp. 5

Morgenblatt für gebildete Stände 18101, 6. Febr.; 1811, 21. Mai

Zeitung für die elegante Welt 1804, Sp. 1048

Königlich Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch 1835, S. 22

Meusel, Gerber 2, EitnerQ (Art. Brennessel, Franz)

Gottlieb Ernst Klausen, Gesammelte Gedichte und Vorträge in gebundener und ungebundener Rede, Altona 1835.

Alfred Dörffel, Geschichte der Gewandhausconcerte zu Leipzig. Vom 25. November 1781 bis 25. November 1881, Leipzig 1884, Repr. Walluf bei Wiesbaden 1972.

Wilhelm Fielitz, Aus Knebels Tagebüchern, in: Archiv für Litteraturgeschichte, hrsg. von Franz Schnorr von Carolsfeld, 15 Bde., Bd. 14, Leipzig 1886.

Josef Sittard, Geschichte des Musik- und Concertwesens in Hamburg vom 14. Jahrhundert bis auf die Gegenwart, Leipzig 1890, Repr. Hildesheim [u. a.] 1971.

Freia Hoffmann, Instrument und Körper. Die musizierende Frau in der bürgerlichen Kultur, Frankfurt a. M. u. Leipzig 1991.

WeGA, http://weber-gesamtausgabe.de, Zugriff am 17. Jan. 2023.

 

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