Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Herrmann, Ida

* 11. Okt. 1855 in Lübeck, † 31. Okt. 1932 ebd., Harfenistin, Gesangs- und Klavierlehrerin. Ida war unter insgesamt sieben Kindern die jüngste Tochter des Komponisten, Dirigenten, Violinisten, Organisten und Pianisten Gottfried Herrmann (1808–1878) und seiner Frau Luise geb. Bruhns (1814–1904). Ihr Vater hatte 1852 in Lübeck das Amt des städtischen Musikdirektors übernommen und prägte das Musikleben der Hansestadt in verschiedenen Funktionen, u. a. als Leiter der Musikvereinskonzerte und Organisator von Konzertreihen. Ida Herrmanns Taufpate war der ehemalige Violinlehrer ihres Vaters, Louis Spohr. Er schenkte ihr zu Weihnachten 1866 eine Pedalharfe, auf der sie von einem Musiker namens Schubert unterrichtet wurde. Ihren ersten Auftritt absolvierte sie am 26. Aug. 1874 in Hamburg zusammen mit ihrer Schwester Amalie (Gesang) und ihrer Cousine Clara Herrmann (Klavier), in einer „Matinée des Kapellm. Gottfried Herrmann (Violin.) aus Lübeck“ (NZfM 1874, S. 383)Ihr Part bestand im Vortrag zweier Solokompositionen von Karl Oberthür und John Thomas sowie der Harfenbegleitung in den Sechs Gesängen mit Harfe op. 8 von Gottfried Herrmann. Sie sei, so lobte die „Neue Zeitschrift für Musik“, „in ihrer technischen Ausbildung schon weit vorgeschritten und die unverkennbar zu Tage springenden Anlagen für das in unserer Zeit sehr beliebte Instrument fordern von selbst zu tüchtiger Weiterbildung auf“ (ebd.). Weitere Konzerte fanden vorwiegend in Veranstaltungen ihres Vaters in Lübeck statt, so am 6. und 27. Febr., am 8. Mai und am 16. Okt. 1875. Eine besondere Auszeichnung war ihre Mitwirkung in einem Hamburger Konzert des renommierten Londoner Harfenisten Karl Oberthür am 16. Jan. 1876, gefolgt von einem Anschlusskonzert im selben Jahr in Lübeck, wo sie mit dem Komponisten zusammen sein Harfen-Duo über Motive aus Meyerbeers Hugenotten musizierte. Ein weiteres Konzert ist am 26. Jan. 1878 in Lübeck belegt, und am 30. Jan. 1886 übernahm sie in Kiel in Brahms‘ Vier Gesängen für Frauenchor, zwei Hörner und Harfe op. 17 die Harfenpartie. 1889 trat sie im 2. Philharmonischen Konzert in Lübeck unter Karl Stiehl (1826–1911) und am 24. Juni in Kiel beim Schleswig-Holsteinischen Musikfest auf. Ein letzter Beleg betrifft die Mitwirkung in Schumanns Szenen aus Goethes Faust WoO 3 am 27. Nov. 1897 in Kiel. Ida Herrmann blieb unverheiratet und lebte von Gesangs- und Klavierunterricht. Sie starb 77-jährig als Bewohnerin des v.-Borries-Stiftes in Lübeck.

Das Solorepertoire der Musikerin bestand in Elfentanz und Harfenfantasie von Karl Oberthür, Rêverie von John Thomas, Fantasie über Themen von Händel und Vogler (mit Violine) von Louis Spohr und einem nicht genauer bezeichneten Werk von Elias Parish Alvars.

 

LITERATUR

Verschiedene Quellen des Stadtarchivs Lübeck

FritzschMw  1876, S. 325; 1881, S. 258; 1889, S. 444f., 457; 1898, S. 533f.

NZfM 1874, S. 383; 1875, S. 71, 123, 192, 215, 435; 1876, S. 60, 213; 1878, S. 95, 181; 1886, S. 84

ADB, MGG 1, MGG 2000 (jeweils Art. Herrmann, Gottfried)

Wilhelm Stahl, Gottfried Herrmann, Leipzig 1939, Repr. Nendeln 1976.

Sylvina Zander, Zum Nähen wenig Lust, sonst ein gutes Kind…. Mädchenerziehung und Frauenbildung in Lübeck (= Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck Reihe B 26), Lübeck 1996.

 

FH

 

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