Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Hirt-Kopp, Hirt, Josephine, geb. Kopp

* 22. Mai 1863 in Luzern, † 17. März 1929, vermutlich ebd., Pianistin und Klavierlehrerin. Sie war die Tochter von Emilie geb. Bariola und Vital Kopp und hatte eine ältere Schwester: Maria Barbara Josefa verh. Schumacher (1855–?). Josephine Kopp war Schülerin von Gustave Arnold (1831–1900) und Hans Huber (1851–1921). Von 1880 bis 1882 besuchte sie das Hoch’sche Konservatorium in Frankfurt a.M. und studierte dort vier Semester lang (mit einem Semester Unterbrechung) bei Clara Schumann. Nach dem Studium ging sie zurück in die Schweiz und heiratete im Jahr 1884 Franz Oskar Hirt, einen Redakteur des Luzerner Tageszeitung „Das Vaterland“, der schon um 1900 starb. Aus der Ehe gingen eine Tochter sowie drei Söhne hervor: Alice (später verh. Nager, *1885), Fritz (* 10. Aug. 1888), Hans (* 30. Jan. 1892) und Franz Josef (* 7. Febr. 1899). Franz Josef erhielt von Josephine Hirt-Kopp seinen ersten Klavierunterricht. Er wurde später als Pianist bekannt. Fritz spielte Geige und wirkte als Konzertmeister in verschiedenen Orchestern.

Seit 1886 lassen sich Auftritte von Josephine Hirt-Kopp in der Schweiz belegen. In diesem Jahr trat sie in einem Abonnementskonzert in Luzern auf. Mit größerer Regelmäßigkeit ließ sie sich jedoch erst seit 1894 hören. Anfang des Jahres wirkte sie in einem Konzert des Cäcilienvereins in Aarau mit. Die Resonanz der Presse war positiv. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt: „Nous y avons fait la connaissance d’une pianiste excellente, Mme Hirt-Kopp, de Lucerne, qui jouait avec une grande virtuosité technique, un toucher d’une vigueur toute virile. Cette artiste doit sa haute culture musicale spécialement à M. Hans Huber et à Mme Clara Schumann. Elle a joué, entre autres, à la perfection une très difficile sonate de Chopin“ („Wir haben dort Bekanntschaft mit einer vortrefflichen Pianistin gemacht, Frau Hirt-Kopp aus Luzern, die mit großer technischer Virtuosität spielt, mit einem sehr kräftigen, männlichen Anschlag. Diese Künstlerin verdankt ihre hohe musikalische Bildung besonders Herrn Hans Huber und Frau Clara Schumann. Sie hat, unter anderem, eine sehr schwierige Sonate von Chopin vollendet gespielt“, zit. nach Gazette de Lausanne 23. Febr. 1894). Weitere Auftritte erfolgten 1894 in Luzern und Solothurn. In Solothurn veranstaltete die Pianistin am 21. Nov. zusammen mit der Sängerin Ida Angelika Huber-Petzold aus Basel (Ehefrau von Hans Huber) ein Konzert im Stadttheater und spielte hierin Chopins Klaviersonate Nr. 3 h-Moll op. 58, Scarlatti-Tausigs Pastorale und Capriccio, das Andantino aus Schumanns Sonate Nr. 2 g-Moll op. 22, Chopins Walzer As-Dur op. 69 Nr. 1 sowie eine Romanze B-Dur von Hans Huber, der zu diesem Zeitpunkt Josephine Hirt-Kopps Klavierlehrer war.

Bis 1898 lassen sich Auftritte der Musikerin in der Schweiz belegen. Sie konzertierte u. a. in Vitznau am Vierwaldstätter See (1895), in Basel (1897) und vor allem in ihrer Heimatstadt Luzern (1894, 1896, 1897). Am 11. Aug. 1895 wirkte sie in einem Wohltätigkeitskonzert Hans Hubers in Vitznau mit. Neben Ida Huber-Petzold trat in diesem Konzert auch Carl Reinecke, der ehemalige Lehrer Hans Hubers, auf. Josephine Hirt-Kopp trug Chopins Nocturne Nr. 7 cis-Moll op. 27 Nr. 1 sowie seine Ballade Nr. 3 As-Dur op. 47 vor und zeigte sich damit der „Gazette de Lausanne“ zufolge als „une pianiste de grand mérite dont le jeu délicat et fin a été fort apprécié“ (als „eine Pianistin von großem Verdienst, deren feinfühliges Spiel am Ende sehr gewürdigt wurde“, Gazette de Lausanne 14. Aug. 1896). 1897 trat Josephine Hirt-Kopp wiederholt zusammen mit der Violoncellistin Elsa Ruegger (1881–1924) auf. Die Musikerinnen konzertierten am 5. Okt. in Basel und am darauffolgenden Tag in Luzern. Die Programme enthielten u. a. Saint-Saëns’ Violoncellosonate Nr. 1 c-Moll op. 32, Chopins Polonaise brillante für Violoncello und Klavier C-Dur op. 3, Nummern aus Robert Schumanns Faschingsschwank aus Wien op. 26 sowie Joh. Seb. Bachs Chromatische Fantasie und Fuge d-Moll BWV 903. Ein weiteres gemeinsames Konzert der beiden Musikerinnen erfolgte im Sommer 1898 in Basel. Spätere Auftritte von Josephine Hirt-Kopp sind nicht belegt.

Seit 1903 wird sie im „Annuaire des artistes de l’enseignement dramatique et musical et des sociétés orphéoniques de France et de l’étranger“ als Klavierlehrerin aufgeführt und war als solche wenigstens bis 1909 tätig.

 

LITERATUR

Annuaire des artistes et de l’enseignement dramatique et musical et des sociétés orphéoniques de France et de l’étranger 1903, S. 1272; 1905, S. 1269; 1906, S. 1263; 1907, S. 1267; 1909, S. 1290

Freiburger Nachrichten 18. März 1929 [Herzlichen Dank für den Hinweis auf diese Quelle an Dr. Annegret Rosenmüller]

FritzschMW 1886, S. 107; 1894, S. 84, 134; 1896, S. 445; 1897, S. 620, 622; 1898, S. 515

Gazette de Lausanne 1894, 23. Febr; 1895, 14. Aug.

Jahresbericht des Dr. Hoch’schen Conservatoriums für alle Zweige der Tonkunst zu Frankfurt am Main [JB] 1880/1881, S. 5, 16; 1881/1882, S. 5, 12; 1882/1883, S. 6

Signale 1894, S. 262, 968; 1895, S. 643f.

Heinrich Hanau, Dr. Hoch’s Conservatorium zu Frankfurt am Main. Festschrift zur Feier seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens (1878–1903), Frankfurt a. M. 1903.

Erich Hermann Müller, Deutsches Musiker-Lexikon, Dresden 1929.

Albert Ernest Wier (Hrsg.), The Macmillan Encyclopedia of Music and Musicians, New York 1938.

Willi Schuh u. Edgar Refardt, Schweizer Musikbuch. Musikerlexikon, Zürich 1939.

C. F. Lendorff (Hrsg.), Schweizerisches Geschlechterbuch, 12 Bde., Bd. 4, Zürich 1913.

Historisches Lexikon der Schweiz, http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D26924.php, Zugriff am 24. Juni 2012.

Annkatrin Babbe, Clara Schumann und ihre SchülerInnen am Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt a. M. (= Schriftenreihe des Sophie Drinker Instituts 11), Oldenburg 2015.

Clara Schumann, Clara Schumann im Briefwechsel mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz, hrsg. von Annegret Rosenmüller (= Schumann-Briefedition. Serie II: Briefwechsel mit Freunden und Künstlerkollegen, Bd. 10), Köln 2022.

 

Annkatrin Babbe

 

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