Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Bolzmann, Boltzmann, Franziska, Franciska

* 1806, vermutlich in Wien, Sterbedaten unbekannt, Gitarristin. Am 4. Jan. 1814 debütierte sie im Saale zum „Römischen Kaiser“ in Wien, wo sie Werke von Diabelli und Giuliani mit Quartettbegleitung „zur allgemeinen Zufriedenheit der Zuhörer“ vortrug (AmZ 1815, Sp. 45). Weitere Auftritte in Wien sind für Dez. 1814, Sept. 1815 sowie März und Apr. 1817 belegt. Eduard Hanslick erwähnt in der „Geschichte des Concertwesens in Wien“ eine Franziska Bolzenau, welche 1814 neunjährig in Wien konzertierte. Vermutlich handelt es sich dabei um dieselbe Person.

Am 9. März 1817 trug Franziska Bolzmann im k. k. kleinen Redoutensaal das Gran Quintetto op. 65 von Mauro Giuliani sowie eine „von ihr selbst componirte Phantasie“ (Wiener AmZ 1817, Sp. 84) und La Sentinelle op. 11 von Hummel für Gesang, Piano, Gitarre und Geige vor. Die Wiener „Allgemeine musikalische Zeitung“ schreibt in einer ausführlichen Rezension: „Dlle. Boltzmann verdient unstreitig unter der Zahl junger Künstlerinnen, welche frühzeitig natürliche Fähigkeiten verrathen, deren Fleiss und fernere Ausbildung zu den schönsten Erwartungen berechtigen, einen ehrenvollen Platz. Ihr Spiel beweiset eine fleissige Übung, ist schulgerecht, und ihr Alter angenommen, in welchem das Gefühl für die Behandlung des Instrumentes, dem zweckmässigen, manierirten Vortrag nicht reif genung zu seyn scheint – sicher und ungezwungen […]. Die Begleitung beym Quintett blieb uns, die reine Stimmung betreffend, […] ein - Räthsel. Was in derley Fällen gewöhnlich auf Rechnung der Guitarre zu geschehen pflegt, dürfte Dlle. Boltzmann in Zukunft dadurch vermeiden können, wenn sie ihr Instrument im Nothfalle selbst rein stimmen zu lernen sich bemühen wird“ (Wiener AmZ 1817, Sp. 84f.).

Ein letztes Konzert ist für den 8. Apr. 1817 am gleichen Ort überliefert. Neben dem solistischen Vortrag von Werken Beethovens und Giulianis spielte sie in einem Ensemble mit und begleitete eine Sängerin. Über spätere öffentliche Auftritte und ihren weiteren Lebensweg ist nichts bekannt.

 

WERKE FÜR GITARRE

Fantasie für Gitarre

 

LITERATUR

AmZ 1815, Sp. 45, 724; 1817, Sp. 295, 306

Morgenblatt für gebildete Stände 1815, S. 24; 1817, S. 324

Reichspost [Wien] 13. Sept. 1825

Wiener AmZ 1817, Sp. 84f.

Becker

Eduard Hanslick, Geschichte des Concertwesens in Wien, 2 Bde., Bd. 1, Wien 1869, Repr. Hildesheim [u. a.] 1979.

Joseph Zuth, Handbuch der Laute und Gitarre, Wien 1926.

Freia Hoffmann, Instrument und Körper. Die musizierende Frau in der bürgerlichen Kultur, Frankfurt a. M. u. Leipzig 1991.

Thomas F. Heck, Mauro Giuliani. Virtuoso Guitarist and Composer, Columbus/Ohio 1995.

Peter Pieters, „Wunderkinder“, in: Gitarre & Laute 5 (1995), S. 13–21.

Josef Zuth, Simon Molitor und die Wiener Gitarristik um 1800, Diss. Wien 1919, http://www.guitaronline.it/molitor_folder/zuthdiss/bolzmann.html, Zugriff am 30. März 2007.

 

HB/JW/CB

 

© 2007/2022 Freia Hoffmann