Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Spielmann,  Franziska (Maria Antonie Josephine) Freifrau von, verh. Gräfin von Mejan

* 4. Sept. 1789 in Wien, † 18. Okt. 1857 in München, Pianistin und Komponistin. Sie war die Tochter des österreichischen Diplomaten Anton Freiherr von Spielmann (1738–1813) und seiner Frau Maria geb. von Humelauer (1754–1802), Hofdame der Herzogin von Leuchtenberg. In der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ wird Franziska von Spielmann zwischen 1804 und 1808 mehrfach als eine der hervorragendsten Klavierspielerinnen Wiens erwähnt (zusammen mit Hohenadl und Magdalena von Kurzböck). Öffentliche Auftritte sind in dieser frühen Zeit nicht belegt. Der einzige Bericht über ihr Spiel bezieht sich auf ein Privatkonzert, das eine „Gesellschaft hiesiger Musikfreunde, […] die grösstentheils aus Adelichen und Banquiers besteht“, im Herbst 1807 im Saal zur Mehlgrube veranstaltete. Das Publikum bestand aus einer „äußerst glänzenden Versammlung, die beynahe alles Schöne und Kunstliebende aus den gebildeteren Ständen in Wien vereinigte“ (AmZ 1807/08, Sp. 140). „Fräulein Spielmann, eine Schülerin Hrn. Streichers, eines unserer geachtetsten Klaviermeister, spielte ein Cramersches Konzert ausserordentlich rein, gleich, präcis, und vorzüglich das Adagio mit einem hinreissend zarten Ausdrucke. Sie gehört unter unsere besten Klavierspielerinnen“ (ebd.). Außer Andreas Streicher (1761–1833) zählte auch Joseph Haydn zu ihren Lehrern (AmZ 1807/08, Sp. 479). Johann Friedrich Reichardt, der sie in Wien besuchte, beschreibt sie als „ausgezeichnetes musikalisches Talent; sie hat lange für die erste Klavierspielerin in Wien gegolten und spielt auch noch sehr sauber und fertig, gesteht aber selbst, daß sie, seitdem sie sich mehr mit der Komposition beschäftigt hat, die Ausübung nicht mehr mit dem großen Eifer und Fleiß betreibt, als ehemals. […] Einige recht angenehme Variationen, Tänze und Lieder von ihrer Arbeit ließ sie mir auch am Fortepiano mit der großen Freundlichkeit und Bescheidenheit hören, die ein schöner Charakterzug ihres ganzen Wesens zu sein scheint“ (Reichardt, S. 27f.).

1810 heiratete sie Mauricio (Moriz) Enrico Romano Graf Mejan (1766–1846). 1812 kam in Paris eine Tochter Stephanie zur Welt, 1814 in Mailand ein Sohn Eugène Auguste, was auf eine diplomatische Tätigkeit des Ehemannes schließen lässt. Ein später öffentlicher Auftritt von Franziska und Stephanie von Mejan ist für den 5. Apr. 1837 nachgewiesen: Die Gräfinnen beteiligten sich an einem Benefizkonzert zur Errichtung eines Monuments für Beethoven und spielten gemeinsam mit sechs weiteren adligen Damen die Fidelio-Ouvertüre, arrangiert für acht Spielerinnen an vier Fortepianos. (Unter den Mitspielerinnen befand sich auch Delphine von Schauroth.)

1838 wurde Franziska Gräfin Mejan in den Elisabethen-Orden aufgenommen. 1842 sind Ehemann und Tochter Stephanie von Mejan im Hofstaat der Prinzessin Auguste Amalie, Herzogin von Leuchtenberg in München nachgewiesen. Informationen zum weiteren Lebensweg der Musikerin fehlen.

 

WERKE FÜR KLAVIER

Variationen und Tänze

 

LITERATUR

AmZ 1803/04, Sp. 470; 1804/05, Sp. 242; 1807/08, Sp. 140, 479; 1839, Sp. 487f.

Der Humorist 1837, S. 188

Vaterländische Blätter 31. Mai 1808

OeML (Art. Spielmann, Familie)

Johann Friedrich Reichardt, Vertraute Briefe, geschrieben auf einer Reise nach Wien und den Österreichischen Staaten zu Ende des Jahres 1808 und zu Anfang 1809, hrsg. von Gustav Gugitz, 2 Bde., Bd. 2, München 1915.

Adreßbuch von München und der Vorstadt Au, München 1842.

Eduard Hanslick, Geschichte des Concertwesens in Wien, 2 Bde., Bd. 1, Wien 1869.

Geschichte und Statuten des Königlich Bayerischen St. Elisabethen-Ordens, München 1873.

 

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