Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Ould, Kate (Emma), verh. Slocombe

* 25. Mai 1872 in London, † 18. Aug. 1950 (Ort unbekannt), Violoncellistin und Violoncellolehrerin. Kate Ould entstammte einer bekannten englischen Musikerfamilie. Ihre Eltern waren Eliza geb. Hopkins (1837–?) und der Violoncellist Charles Ould (1835–1913), ihre Geschwister der Pianist und Organist Charles Hopkins Ould (1865–1924), der Geiger Percy Edward Ould (1868–1913) und die Geigerin und Pianistin Mary Louisa Ould (1878–1948). Nach Anfangsunterricht durch ihren Vater, der sich sowohl als Orchestermusiker wie auch als Solist einen Namen gemacht hatte, nahm sie 16-jährig ein Studium bei William Edward Whitehouse (1859–1935) an der Londoner Royal Academy of Music auf. 1891 war sie an dieser Institution schon mit einer Bronze- und einer Silber-Medaille sowie dem „certificate of merit“ (Musical Standard 1891 II, S. 90) ausgezeichnet worden und stellte bei Konzerten der Hochschule bereits ihre Vorliebe für Kammermusik unter Beweis, etwa bei der Mitwirkung in Brahms’ Streich-Sextett B-Dur op. 18.

Von 1892 bis 1911 sind Auftritte von Kate Ould nachweisbar, vorwiegend in den großen Konzertsälen und -reihen in London, aber auch in Canterbury, Bristol, Birmingham und Oxford. Solo-Auftritte mit Orchester finden sich darunter selten, ebenso wie eigene Recitals; stattdessen wirkte sie solistisch in zahlreichen Konzerten von Kollegen und Kolleginnen mit. Ihr Solo-Repertoire bestand aus Kompositionen von Luigi Boccherini, Felix Mendelssohn, Georg Goltermann, Waldemar Bargiel, Camille Saint-Saëns, Cesar Cui, David Popper, Benjamin Godard und William Henry Squire. Neben ihrer Konzerttätigkeit bot die Violoncellistin auch Einzelunterricht sowie Unterweisung in „Ensemble Playing“ an, wie 1893/94 regelmäßige Anzeigen in der „Musical Times“ belegen.

Kate Oulds Karriere als Musikerin war geprägt von der Tatsache, dass sie auch am Ende des Jahrhunderts und selbst in der Musikmetropole London mit ihrer Instrumentenwahl noch eine Ausnahme darstellte: „It is not often we see a lady with the violoncello in hand, but Miss Kate Ould, a worthy representative of a musical family, displayed great ability in her violoncello solo“ (Era 23. Sept. 1893). Außerhalb des geschützten Raumes der Konservatorien (die sich diesbezüglich liberaler zeigten) waren die Berufsmöglichkeiten beschränkt – vor allem was Orchester- und Kammermusik-Engagements betraf. Für die Kammermusik, die im Zentrum von Kate Oulds Interesse stand, schien sich daher das Spiel in reinen Frauen-Ensembles anzubieten. Mit der Pianistin Mary Joseph und der Geigerin Jeanne Levine musizierte sie am 9. Febr. 1893 in der Steinway Hall ein Klaviertrio von Mendelssohn. Am 18. Jan. 1895 fand sie sich in den Bayswater Subscription Concerts mit vier weiteren Musikerinnen zu einem Klavierquintett des schottischen Komponisten J. Moir Clark zusammen. Am 20. Apr. desselben Jahres war sie in Birmingham Solistin beim Warwickshire Ladies’ Orchestra. Am 1. Juni 1895 trat in Queen’s Hall ein Ladies’ String Quartet auf, bestehend aus Winifred Robinson und Maud Turner (Violinen), Edith Werge (Viola) und Kate Ould. „Highly creditable performances were given of Mendelssohn’s Quartet in E flat, Op. 44 [Nr. 3], and Dvoràk’s Quintet in A, Op. 81, the latter with Miss Amy Hare at the pianoforte“ (Athenaeum 1895 I, S. 747). Die Presseresonanz war durchgehend positiv: „The reading […] was refined and the ensemble excellent“ (Musical Standard 1895 I, S. 456), besonders im Hinblick auf die Cellistin: „Miss Kate Ould […] helped the performance greatly by the rich, pure tone she produced from the violoncello“ (Era 8. Juni 1895). Häufiger Rahmen für die kammermusikalischen Aktivitäten von Kate Ould und vielen Kolleginnen war die Ladies’ Concert Society, die für ihre Veranstaltungen nur Musikerinnen engagierte. Das Ladies’ String Quartett trat dort am 9. Nov. 1895 auf. Neben Mendelssohns op. 44 Nr. 3 kam auch das Streichquartett G-Dur op. 76 Nr. 1 von Haydn zur Aufführung. Diesmal gab es neben kritischen Pressekommentaren („too rough and streperous“, Musical Standard 1895 II, S. 323) speziell für die Cellistin Lob: „Miss Kate Ould merits special commendation for her skilful handling of the violoncello“ (Athenaeum 1895 II, S. 689). Am selben Tag stellte das Ladies’ String Quartett in einem kommentierten Konzert für Kinder die Streichquartette B-Dur KV 458 (Jagdquartett) von Mozart und G-Dur op. 18 Nr. 2 von Beethoven vor. Am 7. Dez. 1895 folgte, ebenfalls veranstaltet von der Ladies’ Concert Society, ein weiteres Konzert des Ensembles, nun mit Streichquartetten von Mozart und Svendsen. Am 10. Mai des folgenden Jahres spielte Kate Ould mit Winifred Robinson und der Pianistin Emily Christie in der Ladies’ Concert Society das Klaviertrio c-Moll op. 27 von Eduard Schütt.

Familiäre Beziehungen waren ein weiterer Rahmen für kammermusikalische Aktivitäten. Am 17. November 1898 erklang in einem von Alfred J. Slocombe und Kate Ould in Queen’s Hall veranstalteten Konzert das Streichquintett C-Dur op. 163 von Schubert, mit Alfred J. Slocombe, Mary Ould (Violinen), Linda Slocombe (Viola), Kate und Charles Ould (Violoncello). Ob Kate Ould zu diesem Zeitpunkt bereits mit Alfred John Griffith Slocombe (1871–1929) verheiratet war, ist unklar. Neben der liberalen Instrumentenwahl der weiblichen Mitglieder, die auch die Familie Slocombe auszeichnete, waren es wohl auch die kammermusikalischen Interessen, die Slocombe und Ould verbanden. „Mr. Slocombe’s favourite professional occupation is playing ensemble music“ (Wyndham). 1911 ist in Oxford ein Kammermusikabend mit Werken von Johannes Brahms belegt, bei dem außer Alfred Slocombe Mary Ould (Violine), Linda Slocombe (Viola) und Kate Ould mitwirkten.

 

LITERATUR

Athenæum 1895 I, S. 26, 747; 1895 II, S. 689

Birmingham Daily Post 22. Apr. 1895

The Era [London] 1892, 5. März; 1893, 23. Sept.; 1895, 26. Jan., 27. Apr., 4. Mai, 8. Juni, 14. Dez.; 1896, 20. Juni, 24. Okt.; 1898, 19. Nov.

Glasgow Herald 21. Sept. 1893

Lloyd’s Weekly Newspaper [London] 1896, 23. Febr., 14. Juni

Musical News 1892 I, S. 105; 1893 II, S. 264; 1894 I, S. 395; 1894 II, S. 482; 1895 II, S. 411; 1896 II, S. 466; 1898 I, S. 335; 1898 II, S. 484

Musical Opinion and Music Trade Review 1895, Febr., S. 287; 1898, Dez., S. 168

Musical Standard 1891 II, S. 90; 1892 I, S. 190; 1893 I, S. 132; 1893 II, S. 199; 1894 I, S. 8; 1895 I, Apr., S. III, 456; 1895 II, S. 323; 1896 I, S. 368; 1898 II, S. 395; 1911 I, S. 172

MusT 1893, S. 707; 1894, S. 219, 290, 363, 434, 507, 579, 651, 724, 771, 796, 839; 1895, S. 480; 1896, S. 463,473,759; 1897, S. 763; 1898, S. 486, 825

The Organist and Choirmaster 1901, März, S. 259

Violin Times 1893, Nov., S. 1f. ; 1898, Nov., S. 12; 1900, Mai, S. 114

Western Mail [Cardiff] 30. Jan. 1897

Brown Brit ( Art. Ould, Charles)

Henry Saxe Wyndham u. Geoffrey L’Epine (Hrsg.),Who’s Who in Music. A Biographical Record of Contemporary Musicians, London 1913 (Art. Slocombe, Alfred John Griffith).

Betty Matthews (Hrsg.), The Royal Society of Musicians of Great Britain. List of Members 1738–1984, London 1985.

 

Freia Hoffmann

 

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