Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

FerniFerny, Teresa, TheresaThérésaTheresina, Teresina

* nach 1845 (Ort unbekannt), Sterbedaten unbekannt, Violinistin. Ihre Mutter war die Schauspielerin Francesca Ferni (?–1875), ihr Vater der Violoncellist Antonio Ferni (?–1874). Sie war die Schwester von Giovanni und Angelo Ferni, mit denen sie in jungen Jahren konzertierte. Die zunächst ebenfalls als Geigerin tätige, später als Sängerin berühmte Virginia Ferni-Germano (1849–1934) war eine Schwester Teresa Fernis. Nach zeitgenössischen Quellen standen diese Geschwister Ferni mit den Schwestern Carolina Ferni-Giraldoni und Virginia Ferni-Teja in engem Verwandtschafts­verhältnis. „Virginia et Teresa Ferni sont les cousines et les émules des célèbres sœurs Virginia et Carolina“ („Virginia und Teresa Ferni sind Cousinen und Rivalinnen der gefeierten Schwestern Virginia und Carolina, Le Guide musical 10. Okt. 1867).

Teresa Ferni erhielt ihre Ausbildung vermutlich gemeinsam mit ihrem Bruder Angelo Ferni (1845–1915), einem später angesehenen Geiger, und wurde zunächst vom Vater, dann von Giuseppe Gamba in Turin und schließlich in Paris von Alard (1815–1880), de Bériot (1802–1870) und Vieuxtemps (1820–1881) ausgebildet. In der Schweiz konzertierte Teresa Ferni bereits Mitte der 1850er Jahre. Schon 1853 ist in der „Gazette de Lausanne“ von einem „concert instrumental donné par la famille Ferni“ zu lesen (Gazette de Lausanne 22. Nov. 1853). Der Hinweis auf die Familie legt nahe, dass es sich hier nicht um Carolina und Virginia Ferni, sondern um Teresa Ferni gehandelt hat. Denn als sie 1855 in Bern konzertierte, spielte sie nicht nur mit ihrem Bruder Angelo, sondern einem weiteren Bruder, Giovanni Ferni. Zudem musizierten dort der Vater mit dem Violoncello sowie die Mutter als Sängerin. Laut Konzertprogramm waren die Brüder Angelo und Giovanni Ferni zu diesem Zeitpunkt „12 und 15 Jahre alt, und ihre Schwester Theresina, 10 Jahre alt“ (Intelligenzblatt für die Stadt Bern 9. Dez. 1855). Entsprechend sind die Konzerte der Familie dort als Darbietungen von KindervirtuosInnen wahrgenommen worden. „Der allen drei Kindern gespendete Beifall möge dieselben ermuthigen, auf der betretenen Bahn mit Eifer und Liebe zur Kunst fortzuschreiten“ (Intelligenzblatt für die Stadt Bern 12. Dez. 1855).

1858 spielte die Geigerin in Lausanne und Genf allein mit ihrem Bruder Angelo Ferni. Von dort aus, so ist in der „Gazette de Lausanne“ zu lesen (1. Dez. 1858), führte ihr Weg direkt nach Paris, wo beide ein Engagement am Théâtre-Italien angenommen hatten. Dort konzertierten sie 1858 und 1859 sehr erfolgreich.

Auch später ließen sich die Geschwister Ferni in der Schweiz hören. Bereits 1863  waren sie wieder in Genf und Lausanne, wo es  im „Journal de Genève“ hieß: „Le concert donné vendredi par M. Angelo et Mlle Thérésa Ferni n’avait pas attiré beaucoup de monde, et nous l’avons regretté, et pour ces artistes et pour ceux qui ne les ont pas entendus. Dans tous les morceaux qu’ils ont joué, ils ont montré le plus remarquable talent. Il n’est pas possible de manier le violon, cet instrument si difficile, avec plus d’expression, de finesse et de charme, et ils y joignent un goût et un essemble parfaits. Leur succès a été plus grand encore qu’au précédent concert, et les applaudissements et les rappels ne leur ont pas manqué(„Das Konzert, das am Freitag von Herrn Angelo und Frau Theresa Ferni gegeben wurde, hatte nicht viel Publikum angezogen, wir haben dies bedauert, sowohl für diese Künstler als auch für diejenigen, die sie nicht gehört haben. In allen Werken, die sie spielten, zeigten sie bemerkenswertes Können. Es ist nicht möglich, die Geige, dieses so schwierige Instrument, mit mehr Ausdruck, Feinheit und Charme zu spielen, und sie fügen dem noch vollkommenen Geschmack und gutes Ensemblespiel hinzu. Ihr Erfolg war noch größer als im früheren Konzert, und Applaus und Hervorruf wurden ihnen nicht versagt“, Journal de Genève 20. Sept. 1863). 1864 traten die Geschwister dort gemeinsam mit ihrer Schwester Virginia Ferni auf, welche die Konzertprogramme um sängerische Darbietungen bereicherte.

Das „Journal de Genève“ berichtet 1864 von einem gemeinsamen Konzert der „violonistes Angelo, Thérésa et Virginia Ferni (cette dernière en même temps cantatrice soprano)“ („der GeigerInnen Angelo, Thérésa und Virginia Ferni (letztere zugleich Sopranistin)“, Journal de Genève 11. Okt. 1864). Während Virginia Ferni demnach zunächst auch als Geigerin aufgetreten sein dürfte, konzentrierte sie sich in späteren Konzerten der Geschwister – erkennbar etwa in Lausanne – auf den vokalen Part. Nach einer Italien-Tournee kehrten die Fernis 1866 erneut dorthin zurück, um in Lausanne Konzerte zu geben.

Angelo und Teresa Ferni spielten neben Genrestücken französischer Provenienz vor allem italienische und an italienischer Musik orientierte Violinstücke. Heinrich Wilhelm Ernsts Carneval gehörte ebenso zum Repertoire wie zahlreiche aus jeweils aktuellen Bühnenwerken entnommene Opernparaphrasen. Aufführungen von Werken des anspruchsvollen klassisch-romantischen Repertoires sind nicht überliefert.

Über den späteren Verbleib von Teresa Ferni ist nichts bekannt. Ihr Bruder Angelo Ferni wurde später zum Professor für Violinspiel an das Konservatorium von Neapel berufen. Virginia Ferni-Germano machte als Sängerin eine große Karriere auf europäischen und nordamerikanischen Bühnen.

 

LITERATUR

Bock 1859, S. 166, 375

La France Musicale 1860, S. 81

Gazette de Lausanne 1853, 22. Nov.; 1858, 1., 6., 7., 10. Dez.; 1863, 5., 12., 15., 16. Sept., 5., 16. Okt.; 1864, 29. Aug., 3. Sept.; 1866, 28. Aug., 4., 5., 18., 21., 28. Sept.

Le Guide musical 1867, 10. Okt.

Intelligenz für die Stadt Bern 1855, 30. Okt., 6., 9. (ebd. auch Konzertankündigung), 12. Dez. 1855 (ebd. auch Konzertankündigung)

Journal de Genève 1858, 26. Nov., 5., 8., 11., 14., 15. Dez. 1858; 1863, 22. Aug., 17., 20., 30. Sept.; 1864, 11. Okt.

Le Monde dramatique 1859, 14. Apr., 1. Dez.

Le Ménestrel 1859, S. 203; 1870, S. 38

Revue Européenne 1860, S. 208

Mendel, Van der Straeten, Schmidl

Francesco Regli, Storia del violino in Piemonte, Turin 1863.

 

Bildnachweis

Geschwister Angelo und Teresa Ferni, Fotographie von Disderi, Sammlung Manskopf, http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2003/7800443/, Zugriff am 13. Apr. 2010.

Konzertankündigung, Gazette de Lausanne, 8. Dez. 1858

 

Volker Timmermann

 

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